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Herpes genitalis: Ursachen, Diagnose und Therapie
Definition des Herpes genitalis
Herpes genitalis ist eine bläschenbildende Infektion der äußeren Genitalien mit Herpes simplex-Virus.
Häufigkeit (Epidemiologie) des Herpes genitalis
Altersabhängige Zunahme der HSV-2 Prävalenz bei Frauen von 7 % (15–19 Lebensjahre) bis 28 % (40–44 Lebensjahre). Auch bei HSV-1 existiert eine altersabhängige Zunahme der Prävalenz, mit weitaus größerer Durchseuchung der Bevölkerung: 20 % der unter 5jährigen, 40–60 % der 20–40jährigen. Die meisten Infizierten sind asymptomatisch. Risikogruppen für die HSV-2 Infektion: junge sexuell aktive Menschen mit häufigem Partnerwechsel, Prostituierte, fehlender Gebrauch von Kondomen, Homosexuelle, Leben in der Stadt.
Ursachen (Ätiologie) des Herpes genitalis
Erreger des Herpes genitalis:
Herpes simplex Virus Typ 1 (oraler Typ) oder 2 (genitaler Typ), genitale Rezidive werden häufiger durch Typ 2 ausgelöst.
Morphologie Herpes simplex Virus:
Familie der Herpesviren, doppelsträngige DNA (84 Proteine), ikosaederförmig. Die DNA wird von einer Proteinhülle (Kapsid) einschlossen, welche von einer Membranhülle (envelope) umgeben wird.
Mechanismen der Herpes genitalis-Infektion:
nach Bindung des Virus an Zellmembranrezeptoren der Nervenzelle folgt die Endozytose und die Auflösung der viralen Hülle (envelope). Das Kapsid wird über retrograden Axonfluss in sensiblen Nervenfasern zum Zellkern des Neurons transportiert. In 3 Zyklen (Sofort-, Früh- und Spätproteine) werden die viralen Proteine transkribiert. Nach dem klinischen Krankheitsausbruch verbleibt die HSV-DNA im Neuronzellkern (Latenz), ohne weitere Viren zu produzieren. Nach einer gewissen Zeitspanne entsteht ein weiterer Krankheitsschub. Die Virusausscheidung kann auch asymptomatisch bleiben.
Immunreaktion nach HSV-Infektion:
HSV hemmt die Präsentation immunologisch wichtiger Proteinfragmente über die MHC Klasse-1-Proteine. Weiterhin hemmt HSV die Apoptose der Wirtszelle in Reaktion auf die virale Infektion. HSV hemmt die DNA-Transkription, zerstört mRNA und das Splicing der RNA von der Wirtszelle.
Übertragung von Herpes genitalis:
durch oral-genitalen oder genitalen Kontakt.
Symptome (Klinik) des Herpes genitalis
Grundeffloreszenz Herpes genitalis:
pathognomonisch sind die Herpesbläschen: gruppierte Bläschen auf erythematösem Grund, welche im Verlauf rupturieren, ein Ulkus ausbilden und innerhalb von 1–4 Wochen ausheilen [Abb. Herpes genitalis am Penis].
Erstmanifestation des Herpes genitalis:
Balanitis, Urethritis oder Vulvovaginitis herpetica, manchmal ohne typische sichtbare Herpesbläschen. Die primären Krankheitssymptome sind ausgeprägter als der sekundär rezidivierende Herpes genitalis und werden durch beide Virustypen induziert. Wenn vor der genitalen Primärmanifestation bereits eine orale HSV-1 Infektion durchgemacht wurde, sind die Symptome geringer.
Komplikationen des Herpes genitalis:
Selten (1 %) entwickeln Patienten mit primärem Herpes genitalis eine autonome Dysfunktion mit Harnverhalt, Impotenz, Verstopfung und Sensibilitätsstörungen. Manchmal ist eine Katheterisierung über Wochen notwendig.
Eine milde Meningitis ist relativ häufig bei primärem Herpes (13–20 %). Eine seltenere Herpes-Encephalitis hat eine Letalität von 70 %.
Der Herpes neonatorum entwickelt sich nach vaginalen Entbindungen von infizierten Müttern. Klinisch entsteht entweder eine lokale Infektion der Augen oder der Mundhöhle, Infektion innerer Organe (dissemierter Herpes neonatorum oder Herpes generalisatus) oder eine Herpes-Encephalitis entstehen.
Sekundär rezidivierender Herpes genitalis:
wird häufiger durch Typ 2 ausgelöst: unilateral gruppierte Bläschen auf erythematösem Grund. Die Effloreszenzen sind schmerzhaft, es besteht eine Lymphadenopathie. Vor sichtbaren Krankheitsmanifestationen entstehen häufig genitale Parästhesien. Ein Drittel der Patienten entwickelt häufig Rezidive (>6 pro Jahr), während ein Drittel sehr selten Rezidive entwickelt (<1 Rezidiv pro Jahr).
Krankheitsschubauslöser:
physischer oder emotionaler Stress, Fieber (umgangssprachlich Fieberbläschen), UV-Licht, Verletzungen, lokale Infektionen...
Herpes vegetans:
Fehlende Abheilung der Herpesbläschen bei Patienten mit Immunschwäche, es bilden sich exophytische oder ulzerierende Läsionen mit Hyperkeratose.
Diagnose
NAAT Abstrich:
Der Virusnachweis und Typisierung ist durch DNA-Nachweis aus Abstrichmaterial von rupturierten Bläschen möglich. Genitalabstriche bei asymptomatischen Patienten können eine HSV-Infektion nicht ausschließen.
Serologie:
Der Nachweis der (durchgemachten) HSV-Infektion und Typisierung ist über Antikörper möglich. Über die Krankheitsaktivität kann keine Aussage gemacht.
Weitere Untersuchungen:
Ggf. weitere Tests auf Geschlechtskrankheiten. Diagnose und Beratung der Sexualpartner.
Therapie des Herpes genitalis
Therapie der Herpes-Erstmanifestation:
Möglichst schnelle Gabe eines Virostatikum (nach klinischer Diagnose), die Therapiedauer beträgt fünf Tage, bei verzögerter Genesung oder Komplikationen bis zu zehn Tagen: Aciclovir 400 mg 1-1-1 p.o., Famciclovir 250 mg 1-1-1 p.o. oder Valaciclovir 500 mg 1-0-1 p.o. Bei schwerem Krankheitsverlauf und bei einer Encephalitis wird intravenös therapiert. Die systemische Gabe eines Virostatikums lindert die Symptome und beschleunigt die Abheilung der Läsionen, kann aber die Wahrscheinlichkeit des Krankheitsrezidivs nicht beeinflussen. Für eine erfolgreiche antivirale systemische Therapie ist ein sehr früher Therapiebeginn entscheidend.
Therapie bei rezidivierendem Herpes genitalis:
Der Pat. sollte eine Bedarfsmedikation bereit haben und selbst die Therapie beginnen. Der Therapiebeginn bei Prodromalsymptomen kann den Ausbruch des Krankheitsschubes manchmal verhindern und lindert bei Ausbruch die Intensität des Rezidivs. Die Medikation wird im Vergleich zur Erstmanifestation kürzer und höher dosiert verabreicht: Aciclovir 800 mg 1-0-1 p.o. für zwei Tage, Famciclovir 1 g 1-0-1 p.o. für einen Tag oder Valaciclovir 500 mg 1-0-1 p.o. für drei Tage.
Suppressive Therapie bei häufigen Rezdiven:
Häufige Rezidive und die asymptomatische Virenausscheidung können mit einer dauerhaften suppressiven Therapie behandelt werden. Trotz Dauertherapie sind jedoch einzelne Krankheitsrezdive möglich, und das Risiko einer Krankheitsübertragung in einer festen Partnerschaft wird nur halbiert. Die Sicherheit der Langzeittherapie ist für Aziclovir am besten dokumentert (bis 18 Jahren), es gibt keine Hinweise für eine kumulative Toxizität. Dosierung der Dauertherapie: Aciclovir 400 mg 1-0-1 p.o., Famciclovir 250 mg 1-0-1 p.o. oder Valaciclovir 250 mg 1-0-1 p.o. Die Dosierung kann bei unzureichendem Ansprechen erhöht werden: Aciclovir 400 mg 1-1-1 p.o. oder Valaciclovir 500 mg 1-0-1 p.o.
Lokale Therapie:
Die lokale antivirale Therapie hat nur einen geringen klinischen Effekt und wird nicht empfohlen.
Vermeidung (Prophylaxe) des Herpes genitalis:
Benutzung von Kondomen, sexuelle Enthaltsamkeit insbesondere bei Partnern mit genitalen Läsionen.
Experimentelle Therapie:
Impfungen zeigen vielversprechende Ergebnisse in klinischen Studien.
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Literatur
Center for Disease Control and Prevention: “Sexually Transmitted Infections (STI) Treatment Guidelines,” 2021. [Online]. Available: https://www.cdc.gov/std/treatment-guidelines/STI-Guidelines-2021.pdf
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Herpes simplex virus infections.
In: Lancet
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English Version: Symptoms and treatment of genital herpes