Dr. med. Dirk Manski

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Hypogonadismus des Mannes: Ursachen und Diagnose

Definition

Der Hypogonadismus des Mannes ist eine endokrine Funktionsstörung und führt zu einem Testosteronmangel. Der primäre Hypogonadismus entsteht durch eine Störung der Testosteronproduktion der Hoden, die Releasinghormone sind kompensatorisch erhöht (hypergonadotroper Hypogonadismus). Der sekundäre Hypogonadismus wird durch eine Störung der hypophysären Releasinghormone verursacht (hypogonadotroper Hypogonadismus). Der tertiäre Hypogonadismus entsteht durch eine Störung des Hypothalamus (Köhn, 2004). EAU-Guidelines Male Hypogonadism.

Ätiologie des Hypogonadismus: Ursachen des Testosteronmangels

Primärer Hypogonadismus:

Der primäre Hypogonadismus entsteht durch bilaterale Erkrankungen der Hoden, Erkrankungen eines Einzelhodens oder durch eine Störung der Testosteronbiosynthese.

Sekundärer Hypogonadismus:

Der sekundäre Hypogonadismus wird durch eine Störung der hypophysären Releasinghormone verursacht (hypogonadotroper Hypogonadismus).

Hypophyseninsuffizienz:

Ursachen (Ätiologie) für eine Hypophyseninsuffizienz sind Tumoren, Traumata, Infarkte (vaskuläre Ursachen, Sichelzellanämie), Infektionen (Bakterien, Tuberkulose, Sarkoidose) und die Hämochromatose.

Hyperprolaktinämie:

Eine Hyperprolaktinämie führt zu einem hypogonadotropen Hypogonadismus und damit auch zur Infertilität. Weitere Symptome sind die verminderte Libido, erektile Dysfunktion, Gynäkomastie und Galaktorrhoe. Die Untersuchung von anderen Hypophysenhormonen ist obligat (TSH, ACTH,...).

Die Ursache für die Hyperprolaktinämie ist meist ein prolaktinproduzierendes Hypophysenadenom. Die Höhe der Prolaktinproduktion korreliert mit der Tumorgröße (< 250 ng/ml Mikroadenom meist unter 10 mm, > 250 ng/ml Makroadenom meist über 10 mm).

Isolierter LH-Mangel:

Sehr seltene Störung. Der LH-Mangel führt zu einem Testosteronmangel mit unzureichender Virilisierung, normales FSH sorgt für eine Spermatogenese ("fruchtbare Eunuchen").

Isolierter FSH-Mangel:

Der isolierte FSH-Mangel führt zu einer gestörten Spermatogenese mit Unfruchtbarkeit, die Virilisierung ist normal.

Bardet-Biedl-Syndrom:

Das Bardet-Biedl-Syndrom führt zu hypogonadotropen Hypogonadismus mit Retardierung, Retinitis pigmentosa und Handfehlbildung (Polydaktylie).

Tertiärer Hypogonadismus:

Bei einem tertiärem Hypogonadismus wird durch eine Störung des Hypothalamus kein GnRH freigesetzt, es entsteht ein hypogonadotroper Hypogonadismus.

Kallmann-Syndrom:

Das Kallmann-Syndrom ist charakterisiert durch eine Anosmie (Geruchsstörung) und fehlendes GnRH durch eine Entwicklungsstörung der Neuronen im Bereich der Geruchsplatte. Verschiedene Gene mit unterschiedlichen Erbgängen sind beschrieben (KAL1, FGFR1, PROK2), die Erkrankung kann auch spontan auftreten.

Leitsymptome sind die verzögerte Pubertät mit Hodenatrophie und ein hypogonadotroper Hypogonadismus. Zusätzlich: Infertilität, Gesichtsasymmetrie, gestörtes Farbsehen, Mikrophallus, Nierenfehlbildungen, Kryptorchismus.

Idiopathischer hypogonadotroper Hypogonadismus:

Wie Kallmann-Syndrom, nur ohne Riechstörung. Viele verschiedene Gene mit einem breitem Spektrum an Erbgängen und Begleitsymptomen sind bekannt.

Prader-Willi-Syndrom:

Das Prader-Willi-Syndrom führt zu einem genetisch bedingten hypogonadotropen Hypogonadismus mit Adipositas und Retardierung.

Symptome des Testosteronmangels (Klinik)

Präpubertärer Hypogonadismus:

Wegweisende Symptome sind die verzögerte oder ausbleibende Pubertät, fehlendes Peniswachstum, gering ausgeprägtes Skrotum, geringes Hodenvolumen, gerade Pubeshaargrenze, Hochwuchs, verlängerte Armspannweite, Gynäkomastie, fehlende oder gering ausgeprägte sekundäre Geschlechtsmerkmale (Stimmbruch, Behaarung, Bartwuchs, Muskulatur) [Abb. äußeres Genital bei Hypogonadismus].


Abbildung Penis und Skrotum bei Hypogonadismus

Postpubertärer Hypogonadismus:

Wegweisende sichtbare körperliche Symptome sind bei dem postpubertären Hypogonadismus oft nicht vorhanden. Frühe Symptome des Hypogonadismus sind die Abnahme der Libido und Störungen von Antrieb und Motivation, welche bereits im unteren Normbereich der Testosteronkonzentration auftreten können. Im weiteren Verlauf sind Erektionsstörungen, Infertilität, depressive Stimmungslage und Hitzewallungen typisch.

Komplikationen des Testosteronmangels:

Ohne Therapie des Hypogonadismus drohen Anämie, Osteoporose und Abnahme der Muskelmasse.

Diagnose des Testosteronmangels

Labor:

Initial werden Testosteron und FSH bestimmt, durch pathologische Werte dieser zwei Hormone werden 99% der Hormonstörungen empfindlich erfasst. Der untere Normwert für Testosteron beträgt 12 nmol/l (3 ng/ml). Bei pathologischen Werten wird die Messung wiederholt und weitere Parameter ermittelt: SHBG, Prolaktin, LH und TSH. Relevante Systemerkrankungen werden durch Bestimmung von Blutbild, HbA1C, CRP, Leberwerten und Retentionsparameter erfasst. Ein GnRH-Test ist bei erniedrigten Gonadotropinen indiziert.

Spermiogramm:

Hinweise für einen Hypogonadismus im Spermiogramm sind ein erniedrigtes Ejakulatvolumen und niedrige bis fehlende Spermatozoen. Ein Spermiogramm ist nur bei jüngeren Männern (mit Kinderwunsch) indiziert.

Genetische Beratung:

Bei familiärem hypogonadotropen Hypogonadismus sind viele verschiedene Gene (KAL1, FGFR1, PROK2, GnRHR, GPR54) mit einem breitem Spektrum an Erbgängen und Begleitsymptomen bekannt. Mit Hilfe einer genetischen Beratung (Anamnese, Stammbaumanalyse) können verantwortliche Gene durch den Humangenetiker eingegrenzt werden und das Wiederholungsrisiko bei (assistierter) Reproduktion eingeschätzt werden, welches teilweise bis zu 50% beträgt (Tüttelmann u.a., 2008).

Weitere Untersuchungen:

Bei gesicherter Diagnose eines Testosteronmangels ist eine Knochendichteuntersuchung und bei älteren Männern der Ausschluss eines Prostatakarzinoms vor Testosteronsubstitution sinnvoll.

Therapie des Hypogonadismus

Zur Nebenwirkungen, Kontraindikationen und Durchführung einer Testosteronsubstitution siehe folgender Abschnitt Altershypogonadismus: Therapie des Testosteronmangels.

Hypogonadotroper Hypogonadismus mit Kinderwunsch:

Die Substitution von GnRH in Form einer subkutanen Applikation über eine Medikamentenpumpe kann Patienten fruchtbar machen. Die Alternative ist bei gleicher Wirksamkeit die subkutane Gabe von Gonadotropinen: HCG (LH-Aktivität) 1000–2500 IE 3×/Woche kombiniert mit HMG (FSH-Aktivität) 75–150 IE 3×/Woche. Eine Virilisierung ohne Wunsch nach Fruchtbarkeit wird mit einer Testosteronsubstitution erreicht.








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Literatur

Köhn, F.-M. (2004). [diagnosis and therapy of hypogonadism in adult males].
Urologe A, 43(12):1563-81; quiz 1582–3.

J. P. Mulhall, L. W. Trost, R. E. Brannigan, E. G. Kurez, and J. B. Redmon et al., “AUA Guideline: Evaluation and Management of Testosterone Deficiency.” [Online]. Available: https://www.auanet.org/guidelines-and-quality/guidelines/testosterone-deficiency-guideline

A. Salonia, S. Minhas, and C. Bettocchi, “EAU Guidelines: Sexual and Reproductive Health,” 2022. [Online]. Available: https://uroweb.org/guidelines/sexual-and-reproductive-health/.

Trottmann, M., Dickmann, M., Stief, C. G., and Becker, A. J. (2010). [laboratory workup of testosterone].
Urologe A, 49(1):11–15.

Tüttelmann, F.; Gromoll, J. & Kliesch, S. [Genetics of male infertility].
Urologe A, 2008, 47, 1561-2, 1564-7

C. Radmayr, G. Bogaert, H. S. Dogan, and S. Tekgül, “EAU Guidelines: Paediatric Urology.” [Online]. Available: https://uroweb.org/guidelines/paediatric-urology/



  English Version: Causes and diagnosis of male hypogonadism