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Interstitielle Zystitis (IC) und Blasenschmerzsyndrom: Ursachen
- Interstitielle Zystitis: Definition und Ursachen
- Interstitielle Zystitis: Pathologie, Klinik und Diagnose
- Interstitielle Zystitis: Therapie
Definitionen der interstitiellen Zystitis
Das Blasenschmerzsyndrom (engl. bladder pain syndrome, BPS) oder die interstitielle Zystitis (engl. interstitial cystitis, IC) ist eine Krankheit unbekannter Ätiologie, die mit Pollakisurie, Blasenschmerzen und verminderter Harnblasenkapazität einhergeht (Loch und Stein, 2004).
Definition der International Continence Society (ICS)
Das Harnblasenschmerzsyndrom sind suprapubische Schmerzen in Zusammenhang mit der Harnblasenfüllung, begleitet von Beschwerden wie Pollakisurie und Nykturie, während diese Beschwerden nicht durch eine Harnwegsinfektion oder andere offensichtliche Erkrankung erklärt werden können. Die Diagnose interstitielle Zystitis ist Patienten mit typischen zystoskopischen und histologischen Zeichen der Erkrankung vorbehalten (Abrams et al., 2002).
Definition der Society for Urodynamics and Female Urology
Das Blasenschmerzsyndrom oder interstitielle Zystitis ist eine unangenehme Empfindung (Schmerz, Druck, Unwohlsein) ausgehend von der Harnblase, begleitet von Symptomen der unteren Harnwege (LUTS) von mehr als sechs Wochen Dauer und ohne Hinweis auf Harnwegsinfektionen oder andere identifizierbare Ursachen als Erklärung für die Beschwerden (Hanno und Dmochowski, 2009).
Historische Einteilung der interstitiellen Zystitis:
Es wird die klassische interstitielle Zystitis mit histologischen Entzündungszeichen und zystoskopisch sichtbaren Ulzerationen und die non-ulcer interstitielle Zystitis ohne klassische Entzündungszeichen und ohne zystoskopisch sichtbare Läsionen unterschieden. Aufgrund der zweifelhaften Bedeutung der zystoskopischen Befunde (siehe unten) hat diese Unterscheidung an Bedeutung verloren.
Epidemiologie der interstitiellen Zystitis
- Prävalenz 10–500/100 000 Frauen, je nach Einschlusskriterien. Moderne Studien zeigen höhere Prävalenzen.
- mittleres Alter bei Diagnosestellung 40–50 Jahre, f:m = 9:1.
Ätiologie (Ursachen) und Pathogenese (Folgen) der interstitiellen Zystitis
Die Ätiologie der interstitiellen Zystitis ist hoch umstritten, vor allem welcher Einzeleffekt Teil der Entzündungskaskade oder auslösender Faktor ist. Mutmaßliche Auslöser werden in den folgenden Abschnitten diskutiert. Gesichert ist die zentrale Rolle der Mastzelle in der Entzündungsreaktion, welche zu einer Entzündungsreaktion mit gesteigerter Urothelpermeabilität, Fibrose und Verkleinerung der Harnblasenkapazität führt.
Erhöhte Permeabilität des Urothels:
Eine gestörte Glykosaminoglykanschicht des Urothels [siehe Kapitel Harnblasenanatomie] konnte bei der interstitiellen Zystitis wie auch bei anderen assoziierten Erkrankungen (Colitis ulcerosa und Morbus Crohn) nachgewiesen werden. Bakterien, ,"toxische" oder allergene Urinsubstanzen können bei gestörter Permeabilität die Entzündungskaskade in der Harnblasenmuskulatur triggern. Ob die erhöhte Urothelpermeabilität der primäre Schritt in der Pathophysiologie der IC ist oder als Folge der Entzündungskaskade gesehen werden kann, ist unklar. Es existieren erfolgreiche Therapieansätze, welche das Urothel eher schädigen (z. B. Harnblasendehnung).
Infektion der Harnblasenwand:
Viele Versuche, eine infektiöse Ätiologie für die interstitielle Zystitis zu beweisen, sind gescheitert. Eine antibiotische Behandlung ist meist unwirksam. Es ist immer noch möglich, dass harmlose Organismen eine Autoimmunreaktion gegen Bestandteile der Blasenwand auslösen. Diese Hypothese wird durch vermehrte Mastzellen und erhöhte Konzentrationen ihrer Zytokine im Urothel und in der Blasenwand unterstützt. Unumstritten ist jedenfalls die zentrale Rolle von Mastzellen in der inflammatorischen Kaskade der interstitiellen Zystitis. Insgesamt können Harnblaseninfektionen bestenfalls als Auslöser für die interstitielle Zystitis gesehen werden.
Antiproliferative Aktivität des Urins:
Mehrere Studien konnten im Urin von Patienten mit interstitieller Cystitis eine antiproliferative Aktivität nachweisen. Der vermeintliche Faktor heißt antiproliferative factor (APF), er wird am wahrscheinlichsten in der Blase produziert und gehört zu der Frizzled Proteinfamilie. Jede Verletzung der Blase (Infektion, Trauma oder Überdehnung) kann bei empfindlichen Patienten (mit APF) zu einem Blasenschmerzsyndrom und interstitieller Zystitis führen. Weitere Studien sind erforderlich, um die klinische Bedeutung von APF zu beurteilen (Keay u.a., 2008).
Neurogen ausgelöste Entzündung:
Eine vermehrte Stimulation von Schmerzfasern kann eine neurogene Entzündung auslösen. Erhöhte Mediatoren der neurogenen Entzündung wie Substanz P, Neurokinin A und Calcitonin related gene-Protein konnten bei der interstitiellen Zystitis nachgewiesen werden. Die der Reizung folgende Entzündungskaskade kann von einer bakteriellen oder allergischen Entzündungskaskade nicht mehr unterschieden werden (Mastzellenaktivierung...). Die Schwelle, ab der die Harnblasenfüllung als schmerzhaft empfunden wird, ist bei IC-Patienten deutlich verringert. Die immer wiederkehrenden Schmerzreize könnten bei IC-Patienten die oben aufgeführte neurogene Entzündungskaskade triggern, und diesen Schmerzreiz über Veränderungen auf Rückenmarksebene chronisch bahnen.
Autoimmunität und interstitielle Zystitis:
Der Zusammenhang zwischen interstitieller Zystitis und Autoimmunität ist widersprüchlich. Autoantikörper gegen Harnblasenantigene konnten nachgewiesen werden, die Spezifität ist umstritten, diskutiert wird ebenfalls ein sekundäres autoimmunes Phänomen in Reaktion auf eine Entzündung. Die unspezifische Hemmung der Kaskade der Immunreaktion ist ein wirksamer Bestandteil der Therapie, die genaue Rolle der Autoimmunität bleibt unklar.
Psyche:
Psychische Auffälligkeiten werden eher als Reaktion auf das Krankheitsbild und den Leidensdruck interpretiert.
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Literatur Interstitielle Zystitis
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English Version: bladder pain syndrome and interstitial cystitis