Dr. med. Dirk Manski

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Prophylaxe und Therapie der Neutropenie

Definitionen der Neutropenie

Die Neutropenie ist definiert als der Nachweis von <500/μl neutrophilen Granulozyten oder Nachweis von <1000/μl neutrophilen Granulozyten mit erwartetem Abfall unter <500/μl innerhalb der nächsten zwei Tage (Naurois u.a., 2010).



Asymptomatische Neutropenie

Oben genannte Definition der Neutropenie trifft zu, zusätzlich Körpertemperatur <38 Grad Celsius. Das Risiko einer Infektion ist signifikant erhöht.

Febrile Neutropenie

Oben genannte Definition der Neutropenie trifft zu, Körpertemperatur >38,0 Grad Celsius. Die Mortalität beträgt durchschnittlich 5%, bei Niedrigrisikopatienten aber nur 1%.



Tabelle MASCC-Risikoscore (Multinational Association for Supportive Care in Cancer) für die Stratifizierung von Patienten mit einer febrilen Neutropenie: ein MASCC-Score unter 21 definiert Patienten mit einem niedrigen Risiko für Komplikationen der Neutropenie.
Risikoscore nach MASCC
Symptome:
    Keine oder nur milde Symptome 5
    Moderate Symptome 3
    Schwere Symptome 0
Keine Hypotonie 5
Keine COPD 4
Keine Dehydratation 4
Solider Tumor ohne Z.n. Pilzinfektion 4
Ambulanter Patient bei Fieberbeginn 3
Alter unter 60 Jahren 2


Schweregrad der Neutropenie nach CTCAE

Diagnose

Diagnostik bei febriler Neutropenie.
Routinediagnostik:
Differentialblutbild
PTT, Quick, Nierenwerte, Leberwerte, CRP
Mindestens zwei Blutkulturen
Blutkulturen aus ZVK, falls vorhanden
Urinsediment und Urinkultur
Sputummikroskopie und Sputumkultur
Stuhlkultur bei Diarrhoe
Röntgen-Thorax
Diagnostik bei fehlender Besserung:
CT-Thorax und Abdomen
Bronchoalveoläre Lavage
Echokardiographie
Opthalmoskopie
Weitere Serologie und Bildgebung je nach Klinik

Prophylaxe der febrilen Neutropenie

Der prophylaktische Einsatz von G-CSF (granuolocyte-colony stimulating factor) ist bei Chemotherapieschemata mit einem Risiko der febrilen Neutropenie von über 20% gerechtfertigt (z.B. MVAC, Paclitaxel/Carboplatin oder PEI). Als Sekundärprophylaxe wird G-CSF gegeben, wenn eine Neutropenie eine kurative Chemotherapie verzögert (z.B. Therapie von Keimzelltumoren mit PEB). Dosierung z.B. Pegfilgrastim 6 mg s.c. einmalig nach jedem Chemotherapiezyklus.

Therapie der asymptomatischen Neutropenie

Der Einsatz von G-CSF wird nicht empfohlen. Wichtig sind hygienische Maßnahmen [Tab. Umkehrisolierung] und eine engmaschige Überwachung der Körpertemperatur. Eine prophylaktische antibiotische, antimykotische und antivirale Therapie ist in Abhängigkeit der klinischen Situation notwendig.

Umkehrisolierung bei Neutropenie.
Umkehrisolierung bei Neutropenie
Einzelzimmer mit eigener Sanitäreinheit
Besuch nur nach strenger Händehygiene mit Mundschutz und Kittel
Keine Blumen oder Pflanzen
Weiche Zahnbürste, regelmäßige Mundspülungen
Spezielle keimarme Nahrung
Keine rektalen Manipulationen
Verzicht auf Dauerkatheter oder Venenkatheter

Therapie der febrilen Neutropenie

Die Diagnose und Therapie einer febrilen Neutropenie ist ein onkologischer Notfall, innerhalb von zwei Stunden sollte mit der Therapie begonnen werden. Wichtig sind hygienische Maßnahmen [Tab. Umkehrisolierung]. Niedrigrisikopatienten mit geringen Beschwerden können eine orale Antibiotikatherapie erhalten (z.B. Fluorchinolone kombiniert mit Aminopenicillin und Clavulansäure), ansonsten Beginn einer intravenösen Antibiotikatherapie mit Ceftazidime oder Carbapenemen. Bei schwer kranken Patienten sind Kombinationen wie Cephalosporine der dritten Generation mit Aminoglykosid zu bevorzugen.

Bei fehlender Besserung innerhalb von 48–72 h sind weitere Untersuchungen notwendig [Tab. Diagnose der Neutropenie], ggf. Umstellung der Antibiose und Beginn einer antimykotischen Therapie.

Indikationen für G-CSF im Rahmen der febrilen Neutropenie

Der Einsatz von G-CSF bei der febrilen Neutropenie ist nur bei Vorliegen von Risikofaktoren für einen komplikationsträchtigen Verlauf sinnvoll:

Dosierung von G-CSF

z.B. Filgrastim s.c. 5 μg/kgKG täglich, Beginn 24–72 h nach Ende der Chemotherapiegabe. Die Therapie wird beendet, wenn >1500/μl neutrophile Granulozyten über zwei Tage nachweisbar sind.








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Literatur

Retz, M. & Gschwend, J. (ed.) Medikamentöse Tumortherapie in der Uroonkologie
Springer Verlag Berlin Heidelberg, 2010.