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Physiologie der Nieren: tubuläre Rückresorption
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Tubuläre Rückresorption von Natrium, Chlorid und Wasser
99% des glomerulären Filtrats und 99% des filtrierten Natriumchlorids werden im tubulären Teil des Nephrons wieder reabsorbiert. Die Reabsorption ist ein energieverbrauchender Prozess, der Bedarf steigt linear mit der NaCl-Resorption. Die treibende Kraft für die Reabsorption ist die basolaterale Na-K-ATPase. Sie transportiert drei Natriumionen aus der Zelle und zwei Kaliumionen in die Zelle, die dafür benötigte Energie wird durch die Hydrolyse von ATP erzeugt.
Im proximalen Tubulus werden große Mengen gegen kleine Konzentrationsgradienten transportiert. Die Interzellularräume sind undicht und ermöglichen die parazelluläre Resorption von Wasser und darin enthaltenen Elektrolyte (Solvent Drag). Der distale Tubulus kann gegen große Konzentrationsgradienten arbeiten, die Interzellularräume sind dicht.
Resorption von Natrium, Chlorid und Wasser:
Proximaler Tubulus und absteigender Teil der Henle-Schleife:
Im proximalem Tubulus werden zwei Drittel des Primärharns mit Elektrolyten reabsorbiert. Die Elektrolytreabsorption geht mit einer Chlorid- und Wasserresorption einher, da der proximale Tubulus ein undichtes Epithel ist und parazelluläre Transportvorgänge zulässt (Solvent Drag). Der Solvent Drag entsteht durch die Konzentrationsunterschiede zwischen Tubuluslumen und Niereninterstitium.
Die Kraft für die Natriumrreabsorption entsteht durch die basolaterale Na-K-ATPase. Auf der luminalen Seite des proximalen Tubulusepithels existieren Membranrezeptoren für die Reabsorption von Natrium über Symporter (Kotransport mit Glukose, Galaktose, Phosphat oder Aminosäuren) oder Antiporter (Kotransport mit Protonen). Die Rückresorption von HCO3− ist mit der Rückresorption von Natrium und der Sekretion von Protonen durch eine luminale und intrazelluläre Carboanhydrase verbunden.
Die Rückresorption von Chlorid erfolgt hauptsächlich über den Solvent drag (s.o.), daneben existieren zusätzliche transzelluläre Transportwege für Chloridionen in der luminalen und basolateralen Membran.
Aufsteigender Teil der Henle-Schleife:
Natrium wird mit dem Na-K-2Cl-Kotransporter reabsorbiert, ein passiver Wasserstrom mit den Elektrolyten wird verhindert und führt zu einem hohen osmotischen Druck im medullären Niereninterstitium. Der Urin wird hypoton. Furosemid hemmt den Na-K-2Cl-Kotransporter.
Distaler Tubulus:
Thiazid-sensitive Transporter sorgen für einen aktiven Na-Transport, der Urin wird hypotoner.
Sammelrohre:
Die Permeabilität des Sammelrohrs für Wasser führt zu einer Konzentrierung des Urins bis auf das Fünffache der Plasmaosmolarität. Die verantwortliche Kraft ist der hohe osmotische Druck im medullären Niereninterstitium.
Die Permeabilität der Sammelrohre wird durch ADH gesteuert (antidiuretisches Hormon, Vasopressin, siehe auch Abschnitt Urinkonzentrierung). ADH führt (über V2-Rezeptoren und Einbau von Aquaporin in die Zellmembran) zu einer vermehrten Permeabilität des Sammelrohrs für Wasser. In der Abwesenheit von ADH ist die Permeabilität des Sammelrohres für Wasser gering, der Urin bleibt hypoton und das Urinvolumen ist hoch. Ein Mangel an ADH führt zu Hyponatriämie und Hypovolämie. ADH kann 10% des Primärharnvolumens kontrollieren und somit die Diurese zwischen 1–20 l/d regulieren
Natrium wird zusätzlich in den Sammelrohren über luminale Natriumkanäle reabsorbiert. Die Energie für die Natriumreabsorption wird von der basolateralen Natrium-Kalium-Pumpe geliefert. Aldosteron reguliert die Natrium- und Wasserreabsorption sowie die Kaliumsekretion über die Expression von Natriumkanälen und der basolateralen Natrium-Kalium-Pumpe. Die luminalen Natriumkanäle können durch das kaliumsparende Diuretikum Amilorid gehemmt werden.
Kaliumresorption der Nieren:
60–70 % des filtrierten Kaliums werden im proximalen Tubulus resorbiert. Es existieren dort keine spezifischen K-Transporter, die Resorption gelingt parazellulär mit der Wasserresorption (Solvent Drag). Weitere 25–35 % werden in der Henle-Schleife über den Na-K-2Cl-Kotransport-Mechanismus aufgenommen.
5–15 % des filtrierten Kaliums erreichen die distalen Nephronabschnitte. Je nach Stoffwechsellage existieren nun Möglichkeiten der Kaliumresorption oder Ausscheidung (Steuerung über Aldosteron).
Kalziumresorption der Nieren:
60% des Kalziums werden im proximalen Tubulus mit der Wasserresorption (Solvent Drag) resorbiert. Zusätzlich existieren aktive Transportmechanismen.
Phosphatresorption der Nieren:
Phosphat wird ungehindert filtriert, 80–90 % des Phosphates werden im proximalen Tubulus reabsorbiert. Bei hohen Phosphatkonzentrationen im Serum wird eine Sättigung der Rückresorption erreicht und Phosphat wird bis zur Normalisierung der Konzentration ausgeschieden. Parathormon hemmt die Resorption und fördert dadurch die Phosphatausscheidung. Ein Anstieg der Phosphatkonzentration im Serum führt zu einer vermehrten Einlagerung von Kalziumphosphat in den Knochen und zu einer Abnahme der Serumkalziumkonzentration. Dies ist der Stimulus für die Ausschüttung von Parathormon, führt zur Phosphatausscheidung und zur Normalisierung der Serumkalziums.
Protonenausscheidung und Säure-Basen-Gleichgewicht:
Die renale Protonenausscheidung ist ein wichtiger Bestandteil des Säure-Basen-Gleichgewichts und kann über die Phosphatausscheidung, die Ammoniumausscheidung und die Bicarbonatresorption reguliert werden.
Phosphatausscheidung über die Nieren:
Phosphat dissoziiert im Blut zu 80 % in HPO42–. Im Tubulus trifft dieses sekundäre Phosphat auf ein Proton und es entsteht H2PO4−. Das nun gebildete primäre Phosphat kann nicht mehr absorbiert werden und mit der Phosphatausscheidung wird auch ein Proton ausgeschieden.
Hydrogen- und Bikarbonattransport der Nieren:
Glomerulär filtriertes Bikarbonat wird im proximalen Tubulus reabsorbiert. Aus dem filtrierten HCO3− und dem sezernierten H+ der Tubuluszelle (Na-H-Austauscher) entsteht mit der luminalen Carboanhydrase H2CO3, das zu CO2 und H2O zerfällt. Das CO2 passiert die Tubuluszellmembran und verbindet sich in der Tubuluszelle mit OH− (Überbleibsel der H+-Sekretion) zu HCO3−. Durch einen Na+/HCO3−-Kotransport an der Basalmembran wird das Bikarbonat in den Kreislauf zurückgeführt. Bei Alkalose kann Bikarbonat zum Ausgleich des Säure-Basen-Haushalts ausgeschieden werden.
Ammoniumausscheidung der Nieren:
Die Ammoniumausscheidung kann bei einer Azidose auf das 10fache gesteigert werden. NH3 entsteht in der Niere durch Deamidierung von Glutamin und kann durch die Tubuluszellen in das Lumen diffundieren. Im Tubuluslumen entsteht mit einem Proton NH4+, das ausgeschieden wird.
Glukoseresorption der Nieren:
Die Glukoseresorption erfolgt zu 100 % im proximalen Tubulus mit Hilfe des Natrium-Glukose-Kotransporters. Bei zu hoher Glukosekonzentration im Serum kommt es zu einer Sättigung dieses Mechanismus und damit zu einer Glukosurie. Die Schwellenkonzentration für diese Sättigung liegt bei 10 mmol/l (180 mg/dl) Glukose im Serum.
Aminosäurenresorption der Nieren:
Für die Rückresorption im proximalen Tubulus sind verschiedene Natrium-Aminosäuren-Kotransporter verantwortlich. Bisher wurden sieben verschiedene Transporter beschrieben: für saure Aminosäuren (Glu, Asp), basische Aminosäuren (Arg, Lys, Orn) und fünf weitere Systeme für neutrale Aminosäuren. Hinsichtlich der Sättigung der Transportkapazitäten gelten ähnliche Prinzipien wie bei der Glukoseresorption. Der Ausfall einzelner Transportsysteme, meist genetisch bedingt, führt zu selektiven Aminoazidurien (Cystinurie, Hartnup-Krankheit, De-Toni-Fanconi-Syndrom).
Harnstoffausscheidung:
Etwa 50 g Harnstoff werden pro Tag filtriert, davon werden circa 25–40 g mit dem Urin ausgeschieden. Durch Reabsorption (proximaler Tubulus, Sammelrohre) und aktive Sekretion (Henle-Schleife) zirkuliert Harnstoff zwischen dem Lumen des Nephrons und dem Niereninterstitium. Die stark ansteigende Harnstoffkonzentration in der inneren Markzone ist ein wichtiges Element für die Harnkonzentrierung (siehe unten).
Harnsäuretransport der Nieren:
Die Harnsäure wird ungehindert filtriert und im proximalen Tubulus teilweise reabsorbiert, aber auch sezerniert. Um die Löslichkeit von Na-Urat im weiteren Verlauf der Urinkonzentrierung zu ermöglichen und die Ausbildung von Ca-Urat-Kristallen zu verhindern, existieren verschiedene Calcium-Komplexbildner wie Zitrat, Mucopolysaccharide und Ca-bindende Proteine.
Mechanismen der Harnkonzentrierung der Nieren
Bei Wassermangel kann die menschliche Niere den Urin bis auf das Vierfache der Plasmaosmolarität von 290 mosmol/l aufkonzentrieren. Bei vollständiger Antidiurese beträgt das tägliche Urinvolumen 0,5–1 l. Ein komplexes Gegenstromsystem aus Henle-Schleifen, Vasa recta und Sammelrohren erzeugt ein hypertones Niereninterstitium von 1200 mosmol/l, das eine Harnkonzentrierung bis auf diese Werte ermöglicht.
Gegenstromsystem der Nieren:
Der aktive Na+ und Cl−-Transport in den wasserdichten Henle-Schleifen führt zu einer Zunahme der Osmolarität des Niereninterstitiums. Ein weiterer Mechanismus der hohen Osmolarität des Nierenmarkes ist die Harnstoffresorption der distalen Sammelrohre, welche gegen einen sehr hohen Gradienten den Harnstoff in das Niereninterstitiums befördern.
Die Blutversorgung ist spärlich und ebenfalls nach dem Gegenstromprinzip ausgelegt, so dass diese hohe Osmolarität nicht ausgewaschen wird. Die Osmolarität in den Vasa recta nimmt zur Nierenpapille hin zu und beim Abstrom in Richtung Kortex ab. Im Prinzip zirkulieren osmotisch aktive Substanzen ständig im Niereninterstitium. Bei erhöhter Nierendurchblutung verliert das Niereninterstitium vermehrt osmotisch aktive Substanzen. Es resultiert eine sogenannte Druckdiurese, da dies bei einer Blutdrucksteigerung auftreten kann.
Antidiuretisches Hormon (ADH)
Das Antidiuretisches Hormon (ADH), auch Vasopressin genannt, ist ein Peptidhormon aus neun Aminosäuren, das in den Nervenzellen des Hypothalamus produziert, im Hypophysenhinterlappen gespeichert und in das Blut abgegeben wird. ADH wirkt über Vasopressin-Rezeptoren (V1A, V1B, V2).
Antidiuretische Funktion des ADH:
Auslöser für die ADH-Freisetzung ist ein hypertones Plasma, registriert durch Osmorezeptoren im Hypothalamus oder ein Volumenmangel, registriert durch Barozeptoren im rechten Vorhof und Aorta. ADH führt (über V2-Rezeptoren und Einbau von Aquaporin in die Zellmembran) zu einer erhöhten Permeabilität des Sammelrohrs für Wasser, dies führt zu einer Konzentrierung des Urins bis auf das Fünffache der Plasmaosmolarität. Die verantwortliche Kraft ist der hohe osmotische Druck im medullären Niereninterstitium. Ohne ADH ist die Permeabilität des Sammelrohres für Wasser gering, der Urin bleibt hypoton.
Vasopressin-Rezeptorantagonisten wie Tolvaptan sind zur Therapie der Hyponatriämie bei Herzinsuffizienz, Leberinsuffizienz oder beim Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion zugelassen.
Vasokonstriktion durch ADH:
Durch Aktikvierung von V1A-Rezeptoren in Arteriolen, dies wirkt der Hypotonie aufgrund von Volumenmangel entgegen.
Weitere Funktionen von ADH:
Bestandteil der hormonellen Stressreaktion, Freisetzung von ACTH, Thrombozytenaktivierung, Steuerung der zirkadianen Rhythmik.
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Literatur
Benninghoff 1993 BENNINGHOFF, A.: Makroskopische Anatomie, Embryologie und Histologie des Menschen.15. Auflage.
Mnchen; Wien; Baltimore : Urban und Schwarzenberg, 1993
Schmidt, R. F. & Thews, G. T. (ed.) Physiologie des Menschen
26. Auflage
Berlin; Heidelberg; New York: Springer, 1995
English Version: Physiology of the kidneys: tubular reabsorption