Dr. med. Dirk Manski

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Ureterozystoneostomie: Harnleiterneuimplantation nach Leadbetter, Psoas-Hitch oder Boari

Transvesikale Ureterozystoneostomie

Indikationen

Die transvesikale Ureterozystoneostomie ist die Neuimplantation des Harnleiters in die Harnblase zur Therapie des vesikoureteralen Refluxes (VUR). Bei der transvesikalen Technik wird nach Eröffnung der Harnblase der distale Ureter mobilisiert und in einen submukösen Neotunnel reimplantiert (Steffens u.a., 2006).

Abbildung Schematische Darstellung der antirefluxiven Ureterreimplantation
Schematische Darstellung der antirefluxiven Ureterreimplantation: Ursache des Refluxes ist u.a. eine unzureichende Länge des intramuralen Ureters (rechts). Nach antirefluxiver Reimplantation sollte das Verhältnis von Ureterdurchmesser zu Tunnellänge mindestens 1:5 betragen (links).

Kontraindikationen

Gerinnungsstörungen. Klinisch nicht relevanter vesikoureteraler Reflux. Funktionsarme Niere unter 10–20% der GFR. Grunderkrankungen mit zu hohem OP-Risiko.

Technik der transvesikalen Ureterozystoneostomie

Patientenvorbereitung:

Zystoskopie, retrograde Pyelographie oder Miktionszysturethrogramm zur Überprüfung der Diagnose je nach Indikation. Ausschluss oder Therapie einer Harnwegsinfektion. Perioperative Antibiotikaprophylaxe, Dauerkatheter nach Desinfektionund steriler Abdeckung.

Operativer Zugang:

Bei Kindern genügt ein extraperitonealer Pfannenstielzugang in Rückenlage zur Therapie des VUR. Die Harnblase wird an der Vorderwand von Fett befreit, störende Blutgefäße werden koaguliert. Haltefäden und vertikale Eröffnung der Harnblase.

Technik der Ureterozystoneostomie nach Leadbetter-Politano:

Technik der Ureterozystoneostomie nach Cohen:

Der intramurale Harnleiter wird, wie oben ausgeführt, vollständig mobilisiert. Die Mukosa wird vom alten Ostium in Richtung der Gegenseite getunnelt. Der Harnleiter samt MJ wird durch den Neotunnel bis zum neuen Ostium geführt und reimplantiert. Die Reimplantation nach Cohen gilt als einfacher, da der Harnleiter nicht neu positioniert werden muss. Die erschwerte retrograde Sondierung des oberen Harntrakts im weiteren Lebensverlauf ist jedoch ein gewichtiger Nachteil.

Technische Modifikationen der transvesikalen Harnleiterreimplantation

Die Technik nach Leadbetter und Cohen kann vesikoskopisch (endoskopisch roboter-assistiert) durchgeführt werden, es wurden Serien in kleiner Fallzahl publiziert (Kruppa u.a., 2023).

Nachsorge

Allgemeine Maßnahmen:

Frühzeitige Mobilisation. Thromboseprophylaxe je nach Alter (bei Kindern i.d.R. nicht notwendig). Laborkontrollen. Wundkontrollen und regelmäßige Untersuchung des Abdomens.

Analgesie:

Schmerztherapie mit einer Kombination aus Nichtopioid- und Opioid-Analgetika.

Drainagen und Katheter:

Drainage 1–2 Tage, bis die Fördermenge deutlich unter 50 ml ist. Zügige Entfernung des transurethralen DK je nach Hämaturie. Die transkutan ausgeleitete Harnleiterschiene kann nach 5–7 Tagen entfernt werden. Entfernung des suprapubischen DK nach 8–10 Tagen, in der Regel ohne Zystogramm.

Komplikationen der transvesikalen Ureterozystoneostomie

Harnstau:

Postoperativer Harnstau bessert sich häufig spontan nach Abschwellung des postoperativen Ödems. Die (Wieder)Einlage einer Harnleiterschiene ist technisch schwierig (Alternative: Nephrostomie). Selten kann durch Narbenbildung, Abknickung des Ureters oder durch Ischämie eine prävesikale Harnleiterstriktur entstehen und eine operative Revision erzwingen.

Weitere Komplikationen:

(Persistierender) vesikoureteraler Reflux, Blutung, Wundinfektion, Harnwegsinfektion, Urinom, Verletzung des Vas deferens.

Extravesikale Harnleiterreimplantation

Indikationen

Die Ureterozystoneostomie ist die Neuimplantation des Harnleiters in die Harnblase zur Therapie des vesikoureteralen Refluxes (VUR). Bei der extravesikalen Technik nach Lich-Gregoir wird der intramurale Harnleiter von doral extravesikal präpariert, ohne die Harnblase zu eröffnen (Riedmiller u.a., 2008). Die Tunnelung wird durch die Inzision und Verschluss des Detrusors über dem Harnleiter erreicht.

Kontraindikationen

Gerinnungsstörungen. Klinisch unbedeutender vesikoureteraler Reflux. Funktionsarme Niere unter 10–20% der GFR. Grunderkrankungen mit zu hohem OP-Risiko. Intravesikale Begleitpathologie wie Ureterozele, Megaureter oder ektoper Harnleiter. Säuglinge in den ersten 12 Lebensmonaten oder Erwachsene.

Technik der extravesikalen Ureterozystoneostomie

Patientenvorbereitung:

Zystoskopie, retrograde Pyelographie oder Miktionszysturethrogramm zur Überprüfung der Diagnose je nach Indikation. Ausschluss oder Therapie einer Harnwegsinfektion. Perioperative Antibiotikaprophylaxe, Dauerkatheter nach Desinfektionund steriler Abdeckung. Füllung der Harnblase.

Operativer Zugang:

Bei Kindern genügt ein extraperitonealer Pfannenstielzugang zur Therapie des VUR, die Harnblase wird extraperitoneal freigelegt, unter dem Lig. umbilicale mediale (nach Durchtrennung) wird der Ureter identifiziert und angezügelt.

Technik nach Lich-Gregoir:

Nachsorge

Allgemeine Maßnahmen:

Frühzeitige Mobilisation. Thromboseprophylaxe je nach Alter (bei Kindern i.d.R. nicht notwendig). Laborkontrollen. Wundkontrollen und regelmäßige Untersuchung des Abdomens.

Analgesie:

Schmerztherapie mit einer Kombination aus Nichtopioid-Analgetika und Opioid.

Katheter:

Zügige Entfernung des transurethralen DK, je nach Mukosaverletzung und Hämaturie. Kontrolle des Restharns.

Komplikationen der extravesikalen Ureterozystoneostomie

Harnstau:

Postoperativer Harnstau durch Ödem und Hämatom. Narbenbildung und eine prävesikale Harnleiterstriktur erzwingen selten eine operative Revision (unter 1%).

Restharn:

Bei bilateraler Operation nach Lich-Gregoir entwickeln bis zu 10% eine passagere Harnblasenentleerungsstörung. Die beidseitige Nervenverletzung im Bereich des Trigonums wird für die hohe Rate an Harnblasenentleerungsstörungen angeschuldigt.

Weitere Komplikationen:

(Persistierender) vesikoureteraler Reflux, Blutung, Wundinfektion, Harnwegsinfektion, Urinom, Verletzung des Vas deferens.

Ureterozystoneostomie bei Ureterdefekten

Die Ureterozystoneostomie ist die Neuimplantation des Harnleiters in die Harnblase, in Kombinationen mit plastischen Techniken der Harnblase können längerstreckige prävesikale Ureterdefekte überbrückt werden bei:

Kontraindikationen

Gerinnungsstörungen. Klinisch unbedeutender vesikoureteraler Reflux. Funktionsarme Niere unter 10–20% der GFR. Grunderkrankungen mit zu hohem OP-Risiko. Unzureichende Harnblasenkapazität.

Patientenvorbereitung:

Zystoskopie, retrograde Pyelographie oder URS zur Überprüfung der Diagnose. Falls möglich wird eine DJ-Harnleiterschiene eingelegt. Ausschluss oder Therapie einer Harnwegsinfektion. Perioperative Antibiotikaprophylaxe, Dauerkatheter nach Desinfektionund steriler Abdeckung. Füllung der Harnblase.

Operativer Zugang:

Je nach Indikation ist eine mediane extraperitoneale Unterbauchlaparotomie (gute Erweiterungsmöglichkeiten), ein schräger Unterbauchschnitt (Gibson) oder ein paramedianer Zugang möglich. Zunächst extraperitoneale Freilegung der Harnblase. Soweit möglich, wird das Peritoneum von der Harnblase abpräpariert. Je nach Voroperationen ist ein transperitoneales Vorgehen realistischer. Der Harnleiter wird prävesikal oder auf Höhe der Iliakalkreuzung identifiziert und angezügelt. Je nach Grunderkrankung wird der distale erkrankte Harnleiter ligiert oder mobilisiert und mit Ostium reseziert. Das proximale narbenfreie Ende des erkrankten Harnleiters wird spatuliert und eine MJ-Harnleiterschiene mit schnell resorbierbarem Faden fixiert. Bei allen Schritten ist auf die Gefäßversorgung des Ureters zu achten.

Psoas-Hitch Ureterozystoneostomie:

Um einen prävesikalen Ureterdefekt von 6–10 cm zu überbrücken, kann die Harnblase mit Hilfe von lockeren Fixierungsnähten am M. psoas (Cave: N. genitofemoralis) in Richtung Niere verlagert werden [Abb. Psoas-Hitch]. Die Eröffnung der Harnblase quer zur Zugrichtung mit einem Längsverschluss nach Reimplantation ermöglicht die maximale Mobilisation. Oberhalb der Fixierungsnähte wird mit dem Overholt ein Neoostium perforiert und eine Ureterozystoneostomie nach Leadbetter-Politano wie oben beschrieben oder in refluxiver Technik durchgeführt. Mit der Psoas-Hitch-Technik kann ungefähr 6–10 cm defekter Ureter überbrückt werden.

Harnleiterreimplantation mit Psoas-Hitch-Technik:
Harnleiterreimplantation mit Psoas-Hitch-Technik

Ureterozystoneostomie mit Boari-Lappen:

Um einen langstreckigen prävesikalen Ureterdefekt von bis zu 15 cm Länge (je nach Harnblasenkapazität) zu überbrücken, kann ein Lappen aus der Harnblase in Richtung der Niere geklappt werden [Abb. Boari-Lappen]. Der Lappen sollte an der Basis mindestens 4 cm breit sein. Das Längen-Breiten-Verhältnis des Lappens sollte 3:1 nicht überschreiten, um eine Ischämie im Implantationsgebiet zu vermeiden. Der Lappen wird mit Fixierungsnähten locker am M. psoas befestigt (Cave: N. genitofemoralis), die Harnleiterreimplantation wird nach Leadbetter-Politano wie oben beschrieben oder in refluxiver Technik durchgeführt durchgeführt. Nach der Reimplantation wird der Harnblasenlappen tubulär verschlossen.

Harnleiterreimplantation mit Boari-Harnblasenlappen.
Harnleiterreimplantation mit Boari-Harnblasenlappen

Drainagen:

Eine Drainage des kleinen Beckens ist sinnvoll. Die MJ-Schiene wird transvesikal-transkutan ausgeleitet und an der Haut fixiert.

Nachsorge

Allgemeine Maßnahmen:

Frühzeitige Mobilisation. Thromboseprophylaxe. Laborkontrollen. Wundkontrollen und regelmäßige Untersuchung des Abdomens.

Analgesie:

Schmerztherapie mit einer Kombination aus Nichtopioid-Analgetika und Opioid.

Drainagen und Katheter:

Drainage 1–2 Tage, bis die Fördermenge deutlich unter 50 ml ist. Die transkutan ausgeleitete Harnleiterschiene kann nach 5–7 Tagen entfernt werden. Dauerkatheter je nach Harnblaseneröffnung und Rekonstruktion 5–10 Tage (Entfernung ggf. mit Zystogramm).

Komplikationen der transvesikalen Ureterozystoneostomie

Reduktion der Harnblasenkapazität:

Pollakisurie, Nykturie, Drangbeschwerden, Dranginkontinenz.

Harnstau:

Postoperativer Harnstau durch Ödem und Hämatom, selten kann durch Narbenbildung, Abknickung des Ureters oder durch Ischämie eine Harnleiterstriktur entstehen.

Weitere Komplikationen:

Vesikoureteraler Reflux, Blutung, Wundinfektion, Harnwegsinfektion, Urinom, Verletzung von Nachbarorganen (Darm, Nerven, Vas deferens).








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Literatur der Harnleiterneuimplantation

Hinman: Atlas Urologischer Operationen im Kindes- und Erwachsenenalter.

C. Kruppa et al., “Vesicoscopic vs. Open Ureteral Reimplantation According to Cohen and Leadbetter-Politano for Vesicoureteral Reflux.,” J Clin Med., vol. 12, no. 17, 2023, doi: 10.3390/jcm12175686.

H. Riedmiller and E. W. Gerharz, “Antireflux surgery: Lich-Gregoir extravesical ureteric tunnelling.,” BJU int., vol. 101, no. 11, pp. 1467–1482, 2008, doi: 10.1111/j.1464-410X.2008.07683.x.

J. Steffens, E. Stark, B. Haben, and A. Treiyer, “Politano-Leadbetter ureteric reimplantation.,” BJU int., vol. 98, no. 3, pp. 695–712, 2006, doi: 10.1111/j.1464-410X.2006.06407.x.