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Harnleiterschiene oder Ureterschiene: Technik und Nebenwirkungen
- Blasenkatheter (1/7): Grundlagen, Materialen
- Harnleiterschienen (5/7)
- Perkutane Nephrostomie (6/7)
- Drainagen (7/7):
Harnleiterschienen oder Ureterschienen sind dünne Katheter im Harnleiter, die den Urin aus dem Nierenbecken ableiten und so den Urintransport über den Harnleiter sicherstellen. Innere Harnleiterschienen leiten den Urin aus dem Nierenbecken in die Harnblase [Abb. DJ]. Äußere Harnleiterschienen leiten den Urin aus dem Nierenbecken transurethral, transkutan oder über ein Stoma nach außen in einen Urinbeutel ab.
Synonyme für Harnleiterschienen:
(Ureter- oder Harnleiter) -Katheter, -Schienen, -Splints, -Stents.
Abbildung Harnleiterschiene:
Innere Harnleiterschienen
Definition:
Intravesikal ausgeleitete Harnleiterschiene, die mit Hilfe zweier Katheterkringel in Harnblase und Nierenbecken positioniert wird. Aufgrund der typischen Katheterform wird auch von einer Doppel-J- oder DJ-Ureterschiene gesprochen.
Indikationen für eine innere Harnleiterschiene:
Die Indikationen für eine innere Harnleiterschiene sind in folgender Aufzählung zusammengefasst. Bei längerfristiger Indikation sind regelmäßige Harnleiterschienenwechsel im Abstand von 3–6 Monaten notwendig, bei Inkrustation mit Harnstau auch früher.
- Akute Obstruktion: Harnsteine, Blutung des oberen Harntrakts mit Koagelbildung, Kompression (Hämatom, Abszess).
- Urinom: Ein Urinom entsteht durch eine Fornixruptur (z.B. Harnleitersteine), iatrogene Harnleiterverletzungen (Ureterorenoskopie, OP) oder Nierentrauma mit Eröffung des Hohlsystems.
- Chronische Obstruktion: fortgeschrittene Tumoren mit Harnleiterkompression, Morbus Ormond, Harnleiterstrikturen.
- Prophylaktische Harnleiterschienung: vor ESWL großer Harnsteine, vor Harnleiterspiegelung zur Weitung des Harnleiters, nach URS, vor Operationen mit Eröffnung des oberen Hohlsystem (offene Nierenteilresektion, laparoskopische Nierenteilresektion, Nierenbeckenplastik), vor abdominellen Tumoroperationen mit Harnleiterverdrängung.
Kontraindikationen für eine innere Harnleiterschiene
- Fehlende Möglichkeit der Steinschnittlagerung
- Fehlende Harnblasenfunktion durch z.B. Tumorinfiltration
- Bei technischen Schwierigkeiten sollten weitere Versuche mit der Möglichkeit einer perkutanen Nephrostomie abgewogen werden, insbesondere bei Urosepsis.
Aufbau und Material von inneren Harnleiterschienen
Innere Harnleiterschienen werden i.d.R. aus Polyurethran, Silikon oder proprietären Polymeren (C-flex, Silitek, Percuflex oder Tecoflex) gefertigt. Je nach Material besteht eine unterschiedliche Steifigkeit (Memory-Effekt), Gleiteigenschaften und Tendenz zur Inkrustation. Randomisierte Studien mit Vergleich der verschiedenen Materialien liegen jedoch nicht vor. Harnleiterschienen unterscheiden sich weiterhin in Form, Länge, Dicke und technischen Besonderheiten.
Form der DJ-Harnleiterschienen:
Die innere Ureterschiene besitzt an den Enden zwei Einrollenden, welche jeweils im Nierenbecken und in der Harnblase positioniert werden. Die Enden der Ureterschiene sind mit Löchern (Augen) perforiert, teilweise ziehen die Augen über die gesamte Ureterschiene. Je nach Fabrikat werden zentral offene oder abgerundete geschlossene Ureterschienen produziert. Zentral offene Ureterschienen bieten den Vorteil des einfachen Wechsels in Seldinger-Technik.
Länge von Ureterstents:
Die notwendige Länge einer Ureterschiene wird mit der retrograden Pyelographie bestimmt (am häufigsten zwischen 26–34 cm bei Erwachsenen). Entscheidende Parameter sind der Abstand des Nierenbeckens von der Harnblase und das Ausmaß einer Ureterschlängelung (Kinking). Die Messpunkte für die Längenangabe der Harnleiterschiene sind von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich.
Dicke von Ureterstents:
Der Außendurchmesser wird in Charriere (Ch) angegeben, am häufigsten werden 6–8 Ch Harnleiterschienen verwendet. Dünne Harnleiterschienen werden bei der prophylaktischen Ureterschienung nach URS und nach Steintherapie verwendet. Dicke Harnleiterschienen finden ihre Anwendung bei Urinomen, Blutung des oberen Harntrakts, nach Therapie von Harnleiterstrikturen und bei schneller Inkrustation mit häufigen Wechselintervallen.
Technische Besonderheiten von Harnleiterschienen:
Zahlreiche technische Variationen erzeugen mit o.g. verschiedenen Eigenschaften eine breite Produktpalette verschiedener Harnleiterschienen für unterschiedliche Anwendungen:
- Rückholfaden am distalen Ende
- steuerbare Verbindung zwischen Einführhülse und Harnleiterschiene
- hydrophile Beschichtung für bessere Gleiteigenschaften
- Ventil gegen vesikoureteralen Reflux
- verstärkende Metallspirale gegen Kompression durch Tumoren
Technik der Einlage einer DJ-Harnleiterschiene
Zunächst wird mit der Zystoskopie nach einer retrograden Pyelographie ein Arbeitsdraht in das Nierenbecken eingelegt (siehe Kapitel Ureterorenoskopie (URS)). Anschließend wird in Seldinger-Technik über den liegenden Arbeitsdraht mit Hilfe einer Einführhülse (Pusher) die DJ-Harnleiterschiene vorgeschoben, bis der proximale Kringel sich im Nierenbecken oder in einer Kelchgruppe befindet. Nach richtiger Positionierung der Harnleiterschiene kringelt sich das distale Ende in der Harnblase, wenn der Arbeitsdraht entfernt wird.
Schwierige Situationen:
Okkludierende Harnleitersteine, Strikturen oder Ureterkinking können mit hydrophil beschichtigen Arbeitsdrähten gut überwunden werden. Manchmal ist der Widerstand beim Vorschieben der Harnleiterschiene zu groß für einen flexiblen Arbeitsdraht. Mit Hilfe eines Ureterkatheters kann auf einen starren Draht gewechselt werden, sodass die Harnleiterschiene gegen den Widerstand bis in das Nierenbecken vorgeschoben werden kann. Beim Vorschieben ist darauf zu achten, dass der Arbeitsdraht stets gestreckt bleibt und keine Schleifen in der Harnblase bildet. Wenn eine retrograde Sondierung und Harnleiterschieneneinlage scheitert, ist die perkutane Nephrostomie eine Alternative.
Nebenwirkungen und Komplikationen von inneren Harnleiterschienen
Am häufigsten sind Miktionsbeschwerden mit irritativen Symptomen (Pollakisurie, Dysurie) und Flankenschmerzen während und nach der Miktion (Schmerz durch vesikoureteralen Reflux).
Inkrustation:
Verstopfung/Verkrustung der Harnleiterschiene durch Biofilmbildung mit erneutem Harnstau. Äußerst problematisch ist die Entfernung einer "vergessenen" Harnleiterschiene, da eine massive Steinbildung die einfache Entfernung verhindern kann [Abb. Massive Steinbildung an einer vergessenen DJ-Harnleiterschiene].
Abbildung: Steinbildung am DJ Abbildung dislozierter DJ
Dislokation:
bei der Dislokation nach kranial schlupft der distale Kringel in den Harnleiter und es entsteht Harnstau. Die Dislokation nach kaudal führt zum Eintreten des distalen Kringels in die Harnröhre, durch das Überwinden des Schließmuskels resultiert eine Harninkontinenz [Abb. dislozierte DJ-Harnleiterschiene].
Weitere Komplikationen:
Infektionen, Verletzung mit Urinombildung, sehr selten Fistelung in Nachbarorgane (Darm oder Gefäßsystem).
Entfernung von DJ-Ureterschienen
Je nach Material kann die Harnleiterschiene Wochen bis maximal sechs Monate im Körper verbleiben. Es gibt erhebliche individuelle Unterschiede, bis eine Harnleiterschiene verkrustet und Komplikationen drohen. Wenn die Ursache für eine Implantation der Harnleiterschiene behoben wurde, kann diese ohne weitere Maßnahmen in Lokalanästhesie mit Hilfe eine Zystoskopie entfernt werden. Bei Unsicherheiten wird häufig die Entfernung mit einer retrograden Pyelographie oder erneuten Harnleiterspiegelung kombiniert. Je nach Schmerzempfinden oder weiteren diagnostischen Maßnahmen wird der Eingriff in Allgemeinanästhesie durchgeführt.
Äußere Harnleiterschienen
Ureterkatheter (UK) für die Diagnostik:
Ureterkatheter für die Diagnostik sind 3–10 Ch dicke Polyurethan- oder PVC-Katheter, um eine Harnleitersondierung und retrograde Pyelographie durchzuführen. Zentral offene Ureterkatheterspitzen (gerade oder gebogen) ermöglichen eine einfache Einlage eines Arbeitsdrahtes für koaxiale Arbeitstechniken nach der retrograden Pyelographie. Weitere Spitzenformen sind die Olivenspitze (erleichtert das Sondieren) oder die Chevassu-Spitze (konische Verdickung) für eine optimierte retrograde Pyelographie.
MJ-Ureterkatheter zur Harnableitung:
Harnleiterschiene (Material siehe innere Harnleiterschiene) mit einem Einrollende, welches im Nierenbecken positioniert wird. Äußere Harnleiterschienen transportieren den Urin vom Nierenbecken transurethral, transkutan oder über ein Stoma nach außen.
Bei transurethraler Anwendung wird die äußere Harnleiterschiene am Meatus externus der Harnröhre an einem Harnblasenkatheter fixiert. Die transurethrale äußere Harnleiterschiene sollte verwendet werden, wenn eine hohe Verstopfungsgefahr besteht (Pyurie, Hämaturie) oder nur kurzfristig eine Harnableitung geplant ist (postoperativ). Längerfristig werden äußere Harnleiterschienen bei der Harnableitung mit Urostoma angewendet, z.B. nach Ureterocutaneostomie oder Ileum-Conduit mit Hydronephrose.
Harnleiter-Okklusionskatheter:
Ein- oder zweilumiger Ureterkatheter (meist aus Polyurethan) mit Latex-Ballon. Indikation: Verschluss des Harnleiters am Harnleiterabgang vor einer perkutanen Nephrolithotomie, um eine Steindislokation in den Harnleiter zu vermeiden und um die Punktion zu vereinfachen.
Kontraindikationen von äußeren Harnleiterschienen:
Eine längerfristige transurethrale äußere Harnleiterschienung sollte vermieden werden, Alternativen sind eine Nephrostomie oder innere Harnleiterschiene. Siehe auch KI der inneren Harnleiterschiene.
Komplikationen von äußeren Harnleiterschienen:
- Häufige Dislokation durch akzidentellen Zug am äußeren Ende
- Aszendierende Harnwegsinfektionen
- Schmerzen durch die Positionierung in der Harnröhre
- Weitere Komplikationen siehe innere Harnleiterschienen
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