Sie sind hier: Startseite > Harnleiter > Operationen > Nierenbeckenplastik
Offen-chirurgische Nierenbeckenplastik: Technik und Komplikationen
Indikationen zur Nierenbeckenplastik
Harnleiterabgangsenge mit szintigraphisch nachgewiesener Obstruktion, bei eingeschränkter, aber ausreichender Nierenfunktion oder bei klinischen Beschwerden (Schmerzen, Steine, Infektionen). Die Nierenbeckenplastik kann offen-chirurgisch und laparoskopisch durchgeführt werden (siehe nächster Abschnitt laparoskopische Nierenbeckenplastik). Das laparoskopische Vorgehen ist Standard, die offen"=chirurgische Technik wird in schwierigen Situationen angewendet (Blutung, Narben nach Voroperationen, Rezidiv)
Kontraindikationen
Funktionslose Niere (unter 10–20% der Gesamtleistung) und Gerinnungsstörungen. Weitere Kontraindikationen sind abhängig von den Grunderkrankungen (Operationsrisiko) und der Bedeutung der Nierenbeckenplastik für die Lebensqualität des Patienten.
Technik der Nierenbeckenplastik
Präoperative Vorbereitungen:
Ausschluss oder Therapie einer Harnwegsinfektion. Perioperative Antibiotikaprophylaxe. Einlage einer langen DJ-Harnleiterschiene, dabei radiologische Überprüfung der Krankheitsursache durch eine retrograde Pyelographie (Ausschluss eines Tumors oder eines Steins). Transurethraler Dauerkatheter. Epiduralanästhesie wenn möglich und gewünscht.
Operativer Zugang:
Der häufigste Zugang für die offen-chirurgische Nierenbeckenplastik ist ein Flankenschnitt. Bei Kindern ist ein vorderer subkostaler Zugang in Wechselschnitttechnik möglich. Die Niere wird retroperitoneal zirkulär freigelegt, der Harnleiter angezügelt. Eröffnung der Capsula adiposa und Präparation des Unterpols und des Nierenbeckens sowohl von ventral als auch von dorsal.
Kontinuitätsdurchtrennende Nierenbeckenplastik nach Anderson-Hynes:
Die Methode der Wahl bei kreuzendem Unterpolgefäß, wahrscheinlich auch bei allen anderen Indikationen. Der kraniale und kaudale Absetzungsrand des Nierenbeckens wird mit einem Faden angezügelt, distal wird überschüssiges Nierenbeckengewebe abgesetzt. Die Engstelle des Harnleiters wird schräg abgesetzt, danach wird der Harnleiter entlang der lateralen Wand auf 2–3 cm spatuliert [Abb. Harnleiterabgangsenge]. Der Harnleiter wird für die Anastomose ventral der kreuzenden Unterpolgefäße positioniert.
Als Nahtmaterial für die Anastomose werden PDS oder Vicryl der Stärke 4–0 verwendet. Zunächst fortlaufender Verschluss des kranialen Abschnittes des eröffneten Nierenbeckens, der kaudale Abschnitt wird auf 2–3 cm für die Anastomose mit dem Harnleiter offen gelassen. Der Harnleiter wird mit fortlaufender Naht oder in Einzelknopftechnik an den kaudalen Abschnitt des Nierenbeckens anastomosiert. Vor dem komplettem Verschluss wird die Lage des DJ überprüft [Abb. Harnleiterabgangsenge].
Nierenbeckenplastik mit Spirallappen:
Die Technik der Nierenbeckenplastik nach (Culp und Deweerd, 1954) ist eine Option bei Rezidivoperationen mit großem ektatischen Nierenbecken [Abb. Nierenbeckenplastik nach Culp-Deweerd]. Mit Hilfe eines Lappens aus dem Nierenbecken kann eine narbige Striktur bis zum proximalen Harnleiter überbrückt werden.Kontinuitätserhaltende Nierenbeckenplastik:
Die Stenose wird longitudinal durchtrennt, die Inzision beginnt lateral am proximalen Harnleiter und zieht bis in das kaudale Nierenbecken. Mit einer Seit-zu-Seit Anastomose wird der Defekt wieder geschlossen. Die Technik ist eine Option, wenn kreuzende Unterpolgefäße nicht vorhanden sind.
Drainagen:
Die Drainage der Nierenloge ist sinnvoll.
Nachsorge der Nierenbeckenplastik
Allgemeine Maßnahmen:
Frühzeitige Mobilisation. Atemtherapie. Thromboseprophylaxe. Laborkontrollen (Hb). Wundkontrollen und regelmäßige Untersuchung des Abdomens.
Analgesie:
Idealerweise über einen Epiduralkatheter. Schmerztherapie mit einer Kombination aus Nichtopioid-Analgetika und Opioid.
Drainagen und Katheter:
Drainage 1–2 Tage, bis die Fördermenge deutlich unter 50 ml liegt, Dauerkatheter 1–2 Tage länger als die Drainage. DJ 2–4 Wochen.
Komplikationen der Nierenbeckenplastik
Die Erfolgsrate der Nierenbeckenplastik (suffizienter Urinabfluss im Langzeitverlauf) ist hoch, sie liegt bei primär operierten Patienten über 95%. Die Erfolgsrate bei Rezidivoperationen ist mit 84% deutlich schlechter (Inagaki u.a., 2005).
- Insuffizienz der Anastomose: Urinom, urinöse Peritonitis, erneute Anastomosenstriktur, Verlust der Nierenfunktion
- Allgemeine OP-Risiken: Blutung, Wundinfektion, Harnwegsinfektion, Verletzung von Nachbarorganen (Leber, Milz, Darm und Pankreas). Narbenhernie durch Verletzung des N. subcostalis.
Nephroureterektomie | Suchen | lap. Nierenbeckenplastik |
Sachregistersuche: A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
Literatur
ANDERSON, J. C. & HYNES, W.
Retrocaval ureter; a case diagnosed pre-operatively and treated successfully by a plastic operation.
Br J Urol, 1949, 21, 209–214
Culp, O. S. & Deweerd, J. H.
A pelvic flap
operation for certain types of ureteropelvic obstruction; observations
after two years' experience.
J Urol, 1954, 71,
523-529
J. A. Smith, S. S. Howards, G. M. Preminger, and R. R. Dmochowski, Hinman’s Atlas of Urologic Surgery Revised Reprint. Elsevier, 2019.
C. Radmayr, G. Bogaert, H. S. Dogan, and S. Tekgül, “EAU Guidelines: Paediatric Urology.” [Online]. Available: https://uroweb.org/guidelines/paediatric-urology/
English Version: Dismembered pyeloplasty