Dr. med. Dirk Manski

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Prostatakarzinom: Hormontherapie der Metastasen


Therapie des metastasierten Prostatakarzinoms: 1: Maximal 2--4 sichtbaren Knochenmetastasen (je nach Studie) in der konventionellen Bildgebung. 2: Optionen sind die Orchiektomie, GnRH-Analoga oder GnRH-Antagonisten. 3: Mindestens zwei der folgenden Risikofaktoren: Gleason-Score ≥8, mindestens 3 Knochenmetastasen, Nachweis von viszeralen Metastasen. 4: Mindestens 4 Knochenmetastasen (davon mindestens eine jenseits von Becken oder Wirbelsäule) oder das Vorliegen von viszeralen Metastasen. 6: M0 CRPC mit einer PSA-Verdoppelungszeit von unter 10 Monate. 7: Die Reihenfolge der Sequenztherapie bei CRPC ist nicht definiert.
Flowchart oder Diagramm: Hormontherapie des metastasierten Prostatakarzinoms

Das fortgeschrittene Prostatakarzinom wird in Abhängigkeit des Ansprechens auf die Standardhormontherapie und den Ergebnissen in der Bildgebung in unterschiedliche Stadien eingeteilt. Durch Zulassungsstudien wurden weitere Krankheitsstadien definiert, um die Indikationen für die moderne Hormontherapie genau einzugrenzen:

Prognose des metastasierten Prostatakarzinoms:

Prognostisch günstig sind eine geringe Tumorlast, keine Schmerzen, keine viszerale Metastasen, metachrone Metastasen nach zuvor durchgeführte Lokaltherapie, niedriger Gleasonscore, niedrige PSA-Konzentration, gutes PSA-Ansprechen nach antiandrogener Therapie und eine lange PSA-Verdoppelungszeit, siehe auch Tab. Prognose des metastasierten Prostatakarzinom.

Prognose des metastasierte Prostatakarzinom: DN=de-novo Diagnose mit synchronen Metastasen, LT=metachrone Metastasen nach vorangegangener Lokaltherapie, LV=low volume disease (niedrige Tumorlast), HV=high volume disease (hohe Tumorlast) (Francini u.a., 2018).
Zeit bis CRPC Überlebenszeit
LT/LV 26 Monate 92 Monate
LT/HV 15 Monate 55 Monate
DN/LV 18 Monate 52 Monate
DN/HV 12 Monate 43 Monate
%

Therapieoptionen für das fortgeschrittene oder metastasierte Prostatakarzinom

Folgende Optionen existieren für die Therapie des fortgeschrittenen und metastasierten Prostatakarzinoms:

Die einzelnen Therapieoptionen werden in Abhängigkeit des Krankheitsprogress und Ansprechen sequenziell oder kombiniert angewendet [Abb. Hormontherapie]. Siehe auch Kapitel Antiandrogene Therapie (Albers u.a., 2020).

Kastrationssensibles Prostatakarzinom (CSPC)

Indikationen für eine antiandrogene Therapie:

Die S3-Leitlinie für das Prostatakarzinom empfiehlt die Hormontherapie bei biochemischen Progress mit einer PSA-Verdopplungszeit < 3 Monate, symptomatischer lokaler Progression, bei nachgewiesener Fernmetastasierung und adjuvant im Rahmen einer Strahlentherapie oder bei (ausgedehnter) Lymphknotenmetastasierung nach radikaler Prostatektomie [S3-Leitlinie Prostatakarzinom].

Standard Androgendeprivation:

Am häufigsten wird die Androgendeprivation mit Hilfe von GnRH-Analoga (Goserelin, Leuprorelin) durchgeführt. Da bei Therapiebeginn ein passagerer Anstieg der Testosteronkonzentration entsteht, wird zusätzlich für 2–4 Wochen Flutamid oder Bicalutamid p.o. verabreicht. GnRH-Analoga stehen in Form von Depot-Injektionen (alle 1–6 Monate in Abhängigkeit des Präparates) zur Verfügung. Weitere Alternativen der Androgendeprivation: subkapsuläre Orchiektomie bds, Monotherapie mit nichtsteroidalen Androgenrezeptorantagonisten (Flutamid, Bicalutamid) oder GnRH-Antagonisten.

Vergleichende Studien für die Hormontherapie des Prostatakarzinoms:

Im Vergleich zur Orchiektomie sind die GnRH-Analoga onkologisch gleichwertig, die Androgenrezeptorantagonisten nur gering unterlegen. Das Nebenwirkungsprofil der Androgenrezeptorantagonisten ist günstiger. GnRH-Antagonisten senken schneller die Testosteronkonzentration als GnRH-Analoga, sind aber schlechter verträglich und müssen monatlich verabreicht werden.

Nebenwirkungen der Hormontherapie:

Zu den Nebenwirkungen der antiandrogenen Therapie und deren Prophylaxe durch eine adjuvante Therapie siehe Kapitel Antiandrogene Therapie.

Nachsorge:

Die Standard-Bildgebung zum Nachweis von Metastasen besteht in einem CT Abdomen und Thorax und einer Knochenszintigraphie. Der Zusatznutzen der modernen Bildgebung (PSMA-PET) ist noch unklar. Bei Progress der Erkrankung zum CRPC sollte die Bildgebung wiederholt werden.

Laborkontrollen: alle 3–6 Monate PSA-Konzentration. Je nach Symptomatik oder V.a. Progress zusätzlich Blutbild, Kreatinin, Leberwerte, AP und Testosteron.

Intermittierende Hormontherapie des Prostatakarzinoms:

Ziel der intermittierenden Hormontherapie ist die Senkung der Nebenwirkungsrate durch Minimierung der Zeit unter Hormontherapie, dies ist für die Libido, Erektion, Hitzewallungen und allg. körperliches Wohlbefinden durch Studien belegt. Die Hormontherapie wird in Abhängigkeit der Ausgangs-PSA-Konzentration bis zu einem bestimmten PSA-Nadir durchgeführt, dann folgt eine Therapiepause bis zu einem bestimmten PSA-Progress, welcher wieder die Indikation zu einem weiteren Zyklus Hormontherapie festlegt [Abb. Flussdiagramm intermittierende Hormontherapie beim Prostatakarzinom] (Pether and Goldenberg, 2004). Die Testosteronkonzentration erreicht auch nach mehreren Zyklen Hormontherapie wieder Normalwerte.

Die Studienlage ist bezüglich der Gleichwertigkeit der intermittierenden Hormontherapie im Vergleich zur kontinuierlichen Hormontherapie uneindeutig. Mehrere randomisierte Studien haben die onkologische Gleichwertig demonstriert (Crook u.a., 2012) (Mottet u.a., 2012) (Salonen u.a., 2012). In der größten randomisierten Studie (SWOG 9346, n=1535) zeigte sich jedoch in der Gruppe der intermitterenden Hormontherapie eine geringere Lebenserwartung (5,1 vs. 5,8 Jahre, 7JÜR 38% vs. 42%), dieser Effekt war in der Gruppe der geringmetastasierten Patienten noch stärker (Hussain, 2012).

Intermittierende antiandrogene Therapie des Prostatakarzinoms (Pether and Goldenberg, 2004): die Hormontherapie wird in Abhängigkeit der Ausgangs-PSA-Konzentration bis zu einem bestimmten PSA-Nadir durchgeführt, dann folgt eine Therapiepause bis zu einem bestimmten PSA-Progress, welcher wieder die Indikation zu einem weiteren Zyklus Hormontherapie festlegt.
Diagramm oder Flowchart: Intermittierende Hormontherapie des Prostatakarzinoms

Lokale Therapie bei metastasiertem Prostatakarzinom:

Bei oligometastasierten Patienten führt die Strahlentherapie des Primärtumors (zusätzlich zur systemischen Hormontherapie und ggf. Strahlentherapie einzelner Metastasen) zu einer besseren Überlebensrate von 7% innerhalb von 3 Jahren (Burdett u.a., 2019). Ein onkologischer Vorteil der radikalen Prostatektomie bei oligometastasierten Patienten ist nicht hinreichend belegt, sie ist aber eine Option in ausgewählten Fällen (Leyh u.a., 2017), insbesondere bei Harnverhalt oder lokalen Beschwerden.

Chemotherapie des metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinoms mit hoher Tumorlast:

Bis vor kurzem gab es keine gesicherten erfolgreichen Therapiekonzepte, Chemotherapeutika alleine oder in Kombination mit einer Hormontherapie bei einem hormonsensiblen Prostatakarzinom einzusetzen. Dies hat sich mit der Publikation der STAMPEDE- und CHAARTED-Studie geändert (Gillessen u.a., 2015). Die Chemotherapie sollte innerhalb der ersten Monate nach Beginn der Hormontherapie begonnen werden.

In CHAARTED-Studie wurden 790 Männer randomisiert: eine Gruppe erhielt die Standardhormontherapie mit GnRH-Antagonisten oder Analoga, die zweite Gruppe erhielt zusätzlich zur Hormontherapie 6 Zyklen Docetaxel Chemotherapie. In der Gruppe mit hoher Tumorlast zeigte sich ein deutlicher Überlebensvorteil von 17 Monaten für Docetaxel zusätzlich zur Hormontherapie (MÜZ 49 vs. 32 Monate). Als hohe Tumorlast wurden mindestens 4 Knochenmetastasen oder das Vorliegen von viszeralen Metastasen definiert (Sweeney u.a., 2015). In der STAMPEDE-Studie wurden 2962 Männer randomisiert: Hormontherapie versus zusätzlich Docetaxel (6 Zyklen) versus zusätzlich Zoledronsäure versus zusätzlich Docetaxel und Zoledronsäure. Die Kombination der Hormontherapie mit Docetaxel verlängerte das Überleben um zehn Monate (71 versus 81 Monate), die Zoledronsäure zeigte keine Verbesserung des Überlebens (James u.a., 2016). Im Gegensatz zur STAMPEDE- und CHAARTED-Studie konnte in der GETUG 15-Studie kein Vorteil im Gesamtüberleben demonstriert werden (Gravis u.a, 2013).

Dreifachkombinationen bei M1 CSPC mit hoher Tumorlast:

In randomisierten Studien zeigte die Dreifachkombination aus Standardhormontherapie intensiviert mit Abirateron oder Darolutamid und Docetaxel-Chemotherapie Vorteile hinsichtlich Überleben und Krankheitsprogression. Die Tripletherapie in der PEACE-1 Studie (Hormontherapie + Abirateron + Docetaxel) führte zu einem besseren Überleben (HR 0,75) und verlängertem progressionsfreien Überleben (HR 0,5) verglichen mit Hormontherapie und Docetaxel (Fizazi u.a., 2022). Die Tripletherapie in der ARASENS Studie (Hormontherapie + Darolutamid + Docetaxel) führte zu einem besseren Überleben (HR 0,68) und verlängertem progressionsfreien Überleben verglichen mit Hormontherapie und Docetaxel (Smith u.a., 2022a). Die zusätzlichen Nebenwirkungen durch die intensivierte Hormontherapie sind akzeptabel und wahrscheinlich mit Darolutamid geringer als mit Abirateron. Die Tripletherapie mit Darolutamid ist in den USA seit 2022 und in Europa seit 2023 zugelassen und gilt als neuer Standard bei Patienten mit hoher Tumorlast.

Kombinierte Hormontherapie (Androgendeprivation kombiniert mit Enzalutamid) des metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinoms:

Die randomisierte Studien ENZAMET (n=1125) konnte nachweisen, dass die Androgendeprivation kombiniert mit Enzalutamid das Gesamtüberleben verbessert (102 versus 143 Todesfälle nach drei Jahren) und die Krankheitsprogression verlangsamt (Davis u.a., NEJM 2019). Die Vorteile konnten in allen Risikogruppen nachgewiesen werden. In der ARCHES-Studie konnten diese Daten bestätigt werden (Armstrong u.a., 2021), Enzalutamid ist seit 5/2021 zur Therapie des hormonsensitiven Prostatakarzinoms in allen Risikogruppen zugelassen.

Kombinierte Hormontherapie (Androgendeprivation kombiniert mit Apalutamid) des metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinoms:

Die randomisierte Studien TITAN (n=1052) konnte zeigen, dass die Androgendeprivation kombiniert mit Apalutamid das Gesamtüberleben verbessert (HR 0,67) und die Krankheitsprogression verlangsamt (HR 0,48) (Chi u.a., NEJM 2019). Die Vorteile konnten in allen Risikogruppen nachgewiesen werden. Apalutamid ist seit 1/2020 zur Therapie des hormonsensitiven Prostatakarzinoms in allen Risikogruppen zugelassen.

Kombinierte Hormontherapie (Androgendeprivation kombiniert mit Abirateron) des metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinoms mit hohem Risiko:

Die Zulassung von Abirateron wurde 2017 aufgrund der Ergebnisse der STAMPEDE (James u.a., 2017) und der LATITUDE (Fizazi u.a., 2017) erweitert. Die Erweiterung der klassischen antiandrogenen Therapie mit Abirateron 1000 mg/d und Prednisolon 5 mg/d führte zu einer verbesserten Überlebensrate (83 vs. 76% und 66% vs. 59%) und einem verlängertem progressionsfreien Überleben und verlängerter Zeit bis zum Beginn einer Chemotherapie. Aufgrund der wichtigen Rolle von Abirateron im kastrationsresistentem Stadium (in Kombination mit Olaparib) sollte die Verordnung bei Patienten mit CSPC zurückhaltend gesehen werden.






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  English Version: Hormonal therapy of metastatic prostate cancer