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Retroperitoneoskopische Nephrektomie: Technik und Komplikationen
Indikation der retroperitoneoskopischen Nephrektomie
Benigne Erkrankungen:
Funktionslose Niere mit Beschwerden wie Hämaturie, rezidivierende Infektionen, Nephrolithiasis, Hydronephrose, Flankenschmerzen...
Maligne Erkrankungen:
Kleinere Nierentumoren (bis 8 cm Größe je nach Lokalisation und Expertise), welche nicht organerhaltend therapiert werden können. Größere Nierenzellkarzinome sollten laparoskopisch (transperitoneal) oder offen-chirurgisch operiert werden (Desai u.a., 2005).
Kontraindikationen
Gerinnungsstörungen. Weitere Kontraindikationen sind abhängig von den Grunderkrankungen (Operationsrisiko), der Nierenfunktion der Gegenseite (Niereninsuffizienz) und der Bedeutung der Nephrektomie für die Lebenserwartung oder Lebensqualität des Patienten. Keine Durchführung der Nephrektomie, wenn eine organerhaltende Teilnephrektomie möglich ist, insbesondere bei Einzelniere, Niereninsuffizienz, bei beidseitigem oder hereditärem Nierenzellkarzinom.
Bei großen Nierentumoren (über 8 cm), Lymphknotenmetastasen oder Venenthromben sollte das offen-chirurgische Vorgehen gewählt werden. Kein retroperitoneoskopischer Zugang bei retroperitonealen Voroperationen, alternativ Laparoskopie oder offene Nephrektomie.
Technik der retroperitoneoskopischen Nephrektomie
DarmvorbereitungPräoperative Vorbereitung:
Eine Darmvorbereitung ist bis auf einen Einlauf am Vortag nicht notwendig. Perioperativ werden Magensonde und Dauerkatheter gelegt. Perioperative Antibiotikaprophylaxe bei Risikofaktoren für Wundinfektionen.
Lagerung:
Lagerung des Patienten in Flankenlagerung auf einer Vakuummatratze mit Aufklappen des OP-Tisches zur Lateralflexion der Lendenwirbelsäule. Gute Fixierung des Patienten, um ein Kippen des Patienten in alle Richtungen zu ermöglichen.
Operationszugang und Trokarpositionen:
2 cm langer Hautschnitt im Bereich des Trigonum lumbale (unterhalb der Spitze der 12. Rippe). Die Muskulatur wird durch Haken beiseite gedrängt und die Fascia thoracolumbalis inzidiert. Stumpfe Fingerdissektion der retroperitonealen Höhle, das Peritoneum wird nach ventral geschoben. Nach kranial kann bis zur zwölften Rippe disseziert werden, kaudal ist die Crista iliaca tastbar. Einführen eines Ballondilatators und Dilatation der retroperitonealen Höhle unter Sicht mit etwa 800 ml. Nun kann ein Hasson-Optiktrokar eingeknotet werden, der Arbeitsdruck für die Retroperitoneoskopie beträgt etwa 12 mm Hg. Unter Sicht werden 2 weitere Trokare unter sorgfältiger Schonung der Peritoneal- und Pleurahöhle eingebracht. Bei Platzproblemen kann ein Trokar zwischen 11. und 12. Rippe gesetzt werden. Die Fascia renalis wird nahe des M. psoas eingeschnitten und die Retroperitonealhöhle weiter stumpf erweitert. Die nächsten Orientierungspunkte sind die Ligamenta arcuata des Zwerchfells (kranial) sowie der Harnleiter und die Vasa gonadalis (kaudal).
Hiluspräparation:
Stumpfe Präparation der Schicht zwischen Capsula adiposa und M. psoas. Präparation der Hilusregion mit Darstellung der großen Gefäße. Die Gonadalgefäße und der Ureter werden frühzeitig geclippt. Die Nierenarterie liegt dorsal der Nierenvene und erscheint somit aus Kamerasicht "vor" der Nierenvene und kann leicht geclippt werden. Die Nierenvene wird mit einem linearem Einweg-Klammerinstrument für Gefäße (Endo-GIA) oder speziellen Ligaturclips für große Gefäße versorgt.
Oberpolpräparation:
Die Niere wird bei benigner Indikation entlang der Organkapsel aus der Fettkapsel gelöst. Bei Nierentumoren wird die Schicht zwischen Peritoneum und Capsula adiposa präpariert, sodass die Fettkapsel auf der Niere verbleibt. Durchtrennung der Schicht zwischen Fettkapsel und Nebenniere am Oberpol.
Lymphadenektomie:
Bei Tumoren mit T1–2 cN0 sollte keine Lymphadenektomie durchgeführt werden, da in einer großen EORTC-Studie kein Überlebensvorteil demonstriert werden konnte (Blom u.a., 1999 und 2009). Suspekte Lymphknoten können jedoch retroperitoneoskopisch entfernt werden.
Organbergung:
Durchtrennung der verbliebenen Anheftungen. Das Organ wird in einem Bergebeutel deponiert, der durch den 10 mm Trokar eingebracht wurde. Die Niere wird durch einen muskelschonenden Wechselschnitt geborgen. Bei benignen Nierenerkrankungen kann die Morcellation einen Bergeschnitt vermeiden. Fakultativ Einlage einer Robinsondrainge. Die Einlage einer Robinsondrainge ist durch den 5 mm Trokar möglich, aber meist unnötig.
Technische Modifikationen:
Folgende technische Modifikationen der retroperitoneoskopischen Standardtechnik werden teilweise (auch in Kombination) bei der retroperitoneoskopischen Nephrektomie angewendet:
- Roboter-assistierte Laparoskopie: die dreidimensionale Sicht, artikulierte Instrumente mit mehreren Freiheitsgraden, ein ausgefilterter Handtremor und die ergonomische Arbeitsposition vereinfachen die laparoskopische Operation. Für die Nephrektomie ist die Anwendung des Robotors aufgrund der Einfachheit der Operation und unter Berücksichtigung des Aufwands und Kosten nicht gerechtfertigt.
- Single-Port Laparoskopie: die Operation wird über einen Trokar mit mehreren Kanälen und mit speziellen angulierten Instrumenten durchgeführt. Auch für die roboter-assistierte Laparoskopie steht eine Single-port Plattform zur Verfügung (Dobbs u.a., 2020).
Nachsorge nach retroperitoneoskopischer Nephrektomie
Allgemeine Maßnahmen:
Frühzeitige Mobilisation. Thromboseprophylaxe. Laborkontrollen (Hb, Kreatinin). Wundkontrollen und regelmäßige Untersuchung des Abdomens.
Analgesie:
Schmerztherapie mit einer Kombination aus Nichtopioid-Analgetika und Opioid.
Kostaufbau:
Entfernung der Magensonde nach der Operation und schluckweise Tee nach der Operation. Klare Brühe, Joghurt und Toastbrot am ersten postoperativen Tag, dann Kostaufbau.
Drainagen und Katheter:
Schnelle Entfernung des Blasenkatheters nach unkomplizierter Operation bei stabilen Patienten innerhalb von 12 Stunden, Wunddrainage (oft nicht notwendig) für 1–2 Tage.
Komplikationen nach retroperitoneoskopischer Nephrektomie
Prinzipiell besteht das gleiche Komplikationsspektrum wie bei der offenen Tumornephrektomie [siehe Kapitel Tumornephrektomie]. In vergleichenden Studien hat die laparoskopische Technik Vorteile hinsichtlich der Blutungsmenge, Schmerzen, paralytischer Ileus, Wundinfektion und Narbenhernie.
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Literatur
Desai u.a. 2005 DESAI, M. M. ; STRZEMPKOWSKI,
B. ; MATIN, S. F. ; STEINBERG, A. P. ; NG, C. ;
MERANEY, A. M. ; KAOUK, J. H. ; GILL, I. S.:
Prospective randomized comparison of transperitoneal versus
retroperitoneal laparoscopic radical nephrectomy.
In: J Urol
173 (2005), Nr. 1, S. 38–41
Dobbs RW, Halgrimson WR, Talamini S, Vigneswaran HT, Wilson JO, Crivellaro S. Single-port robotic surgery: the next generation of minimally invasive urology. World J Urol. 2020 Apr;38(4):897-905. doi: 10.1007/s00345-019-02898-1. Epub 2019 Aug 28.
English Version: Retroperitoneoscopic nephrectomy