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Harnröhrenkarzinom des Mannes: Diagnose und Therapie
Das Harnröhrenkarzinom des Mannes ist ein seltener maligner Tumor der Harnröhre, welcher am häufigsten bei Männern über 70 Jahren auftritt (Gheiler u.a., 1998). Ein primäres Harnröhrenkarzinom ist definiert als die Erstmanifestation an der Harnröhre ohne weiteren Befall anderer Abschnitte des Harntraktes. Das sekundäre Harnröhrenkarzinom tritt als Rezidiv nach Diagnose und Therapie eines Harnblasenkarzinoms oder Karzinom des oberen Harntraktes auf. EAU Guidelines Urethral Carcinoma.
Epidemiologie
Sehr selten, jährliche Inzidenz von 0,4 pro 100000 Männer. Die Hälfte der Patienten haben zum Diagnosezeitpunkt ein fortgeschrittenes Tumorstadium.
Ätiologie des Harnröhrenkarzinoms des Mannes
Harnröhrenstriktur:
24–76 % der Patienten mit Harnröhrenkarzinom hatten zuvor eine Harnröhrenstriktur.
Chronische Infektionen:
Infektionen durch sexuell übertragbare Krankheiten (wie HPV) sind ein Risikofaktor für das Harnröhrenkarzinom, insbesondere für das Plattenepithelkarzinom.
Harnblasenkarzinom:
nach Zystektomie entsteht in bis zu 10 % der Patienten ein Rezidiv in der Harnröhre. Die Häufigkeit des Harnröhrenrezidives ist bei heterotoper Harnableitung höher als bei orthotoper Harnableitung.
Strahlentherapie:
Externe Radiatio oder Brachytherapie des Prostatakarzinoms gelten als Risikofaktor.
Pathologie des Harnröhrenkarzinoms des Mannes
Lokalisation:
bulbomembranöse Urethra 60 %, penile Urethra 30 % und prostatische Urethra 10 %.
Histologie:
Das Urothelkarzinom ist am häufigsten (78%), gefolgt vom Plattenepithelkarzinom (12%) und vom Adenokarzinom (5%). Plattenepithelkarzinome finden sich vor allem distal und bulbär, das Urothelkarzinom tritt vor allem in der prostatischen Harnröhre auf. Raritäten sind ein malignes Melanom der Harnröhre (Rabbani, 2011).
Metastasierung:
Tumoren der vorderen Harnröhre metastasieren in die inguinalen Lymphknoten, Tumoren der hinteren Harnröhre über die obturatorischen Lymphknoten. Hämatogene Metastasen entstehen beim Plattenepithelkarzinom erst relativ spät im Krankheitsverlauf, im Gegenteil zum Urothelkarzinom.
Tumorstadien nach TNM [UICC 2017]
T: Lokales Tumorstadium (Harnröhre)
- Ta: nichtinvasives papilläres Karzinom.
- Tis: flaches anaplastisches Epithel mit geringgradiger Differenzierung, ohne Polarität und ohne Invasion.
- T1: Infiltration bis subepitheliales Bindegewebe.
- T2: Infiltration bis in das Corpus spongiosum, Prostata oder periurethrale Muskulatur.
- T3: Infiltration der Corpora cavernosa, Durchbruch der Prostatakapsel, Invasion des Harnblasenhalses.
- T4: Infiltration von Nachbarorganen, welche oben nicht aufgeführt wurden (wie Rektum oder Harnblase).
T: Lokales Tumorstadium (Urothelkarzinom der Prostata)
- Tis pu: Carcinoma in situ der prostatischen Harnröhre.
- Tis pd: Carcinoma in situ mit Beteiligung der prostatischen Drüsengänge.
- T1: Infiltration bis subepitheliales Bindegewebe.
- T2: Infiltration bis in das Prostatastroma, Corpus spongiosum oder periurethrale Muskulatur.
- T3: Infiltration der Corpora cavernosa, Durchbruch der Prostatakapsel, Invasion des Harnblasenhalses.
- T4: Infiltration von Nachbarorganen, welche oben nicht aufgeführt wurden (wie Rektum oder Harnblase).
N: Lymphknotenbefall
- N0: keine befallenen Lymphknoten.
- N1: singuläre Lk-Metastase
- N2: multiple Lk-Metastasen
M: Fernmetastasen
- M0: keine Fernmetastasen
- M1: Fernmetastasen
G:
Grading des Adenokarzinoms oder Plattenepithelkarzinoms- G1: gut differenziert
- G2: mäßig differenziert
- G3: schlecht bis undifferenziert
G:
Grading des Urothelkarzinoms- low-grade: gut differenziert
- high-grade: schlecht differenziert
Klinik des Harnröhrenkarzinoms des Mannes
Miktionsbeschwerden durch die subvesikale Obstruktion, urethraler blutiger Ausfluss, Harnröhrenstriktur, perinealer Schmerz, tastbarer Damm- oder Harnröhrentumor, urethrale Fistel mit Ausbildung von periurethralen Abszessen.
Diagnose des Harnröhrenkarzinoms des Mannes
Untersuchung:
Tastbare Indurationen im Verlauf der Harnröhre, Penisschaft oder Prostata, vergrößerte inguinale Lymphknoten?
Labor:
Urinsediment, Urinzytologie (Sensitivität 50–80%).
Endoskopie:
Zystoskopie und Biopsie/Resektion des Tumors.
Staging:
CT-Abdomen und Becken mit Spätbildern der ableitenden Harnwege, CT-Thorax bei invasiven Tumoren (>T1). Das MRT Becken bietet bei unklarer Situation einen besseren Weichteilkontrast für die Beurteilung des lokalen Tumorstadiums. Bei V. a. Rektuminfiltration Rektoskopie und PE. Bei Knochenschmerzen oder erhöhter AP Knochenszintigraphie.
Therapie des Harnröhrenkarzinoms des Mannes
Transurethrale Resektion oder Fulguration:
bei oberflächlichen papillären Harnröhrentumoren.
TURP mit adjuvanter BCG-Therapie:
Eine Therapieoption bei Tis pu der prostatischen Harnröhre, alternativ frühelektive radikale Zystektomie. Bei Tis pd besteht durch die TURP ein Risiko der unzureichenden Resektion mit Therapieversagen.
Peniserhaltene komplette Urethrektomie:
indiziert bei pathologischer Spülzytologie oder Histologie nach heterotoper Harnableitung. Die Harnröhre wird über einen perinealen Zugang entfernt. Kontraindikation: fortgeschrittener Harnröhrentumor mit Invasion des Corpus cavernosum.
Peniserhaltende partielle Urethrektomie:
Eine Therapieoption bei distalen nicht tief infiltrierenden Karzinomen. Harnableitung zunächst mit einer Boutonniere oder entsprechender hypospader Harnröhrenmündung, Rekonstruktionen dann je nach Verlauf.
Partielle Penektomie:
bei primären distalen invasiven Harnröhrenkarzinomen, wenn ein Sicherheitsabstand von 2 cm eingeplant werden kann.
Radikale Penektomie und Zystoprostatektomie:
bei invasivem proximalen Harnröhrenkarzinom. Bei ausgedehntem Tumorbefall ist evtl. eine Resektion des Os pubis ramus inferior notwendig, der kraniale Anteil der Symphyse bleibt erhalten. Bei Tumoren der Prostata können die Corpora cavernosa geschont werden, es ist neben einer kompletten Urethrektomie die Zystoprostatektomie notwendig. In allen Fällen ist nur eine heterotope Harnableitung möglich.
Lymphadenektomie:
Bei invasiven proximalen Tumoren wird die Lymphadenektomie wie beim Harnblasenkarzinom durchgeführt. Bei distalen invasiven Harnröhrenkarzinomen ist eine inguinale Lymphadenektomie notwendig.
Neoadjuvante Chemotherapie:
Studien für das Harnröhrenkarzinom liegen nicht vor. Optionen der neoadjuvanten Therapie bestehen im Analogieschluss beim Urothelkarzinom und Plattenepithelkarzinom.
Radiochemotherapie:
Insbesondere beim Plattenepithelkarzinom führt eine neoadjuvante Radiochemotherapie zu einer hohen Ansprechrate (80%), so dass manche Autoren auf die kurative Resektion verzichten (Kent u.a., 2015). Eine adjuvante Radiochemotherapie nach kurativer Resektion von fortgeschrittenen Tumoren ist ebenfalls eine Therapieoption, insbesondere bei positivem Schnittrand oder Lymphknotenmetastasen.
Chemotherapie bei metastasiertem Harnröhrenkarzinom:
Studien für das Harnröhrenkarzinom liegen nicht vor. Die Auswahl der Chemotherapie richtet sich im Analogieschluss nach der zugrundeliegenden Histologie, siehe auch Aschnitt Chemotherapie des fortgeschrittenen Harnblasenkarzinoms
Prognose des Harnröhrenkarzinoms des Mannes
Patienten mit lokalisiertem Tumorstadium haben eine 5-Jahresüberlebensrate von knapp 70%. Im fortgeschrittenen Tumorstadium beträgt die 5JÜR 50%, im metastasierten Stadium liegt sie bei 17% (Derksen u.a., 2013). Bei Karzinomen der vorderen Harnröhre ist die Prognose relativ gut, mit 5JÜR um 70 %. Proximal invasive Harnröhrenkarzinome haben eine sehr schlechte Prognose, Langzeitüberleben trotz radikaler Chirurgie um 25 %.
Bei Karzinomen der prostatischen Harnröhre ist die Entstehung von prognostischer Bedeutung: eine Infiltration eines Urothelkarzinoms aus der Harnblase in die Prostata bedingt eine 5JÜR von 21 % (Stadium T4), eine de-novo Entstehung des Urothelkarzinoms in der prostatischen Harnröhre geht mit einer 5JÜR von 55 % einher.
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Literatur
English Version: Diagnosis and treatment of male urethral cancer